Reiseratgeber Schweiz - von Kanton zu Kanton unterschiedlich
"Das Vorurteil ist einer der größten Schurken der Geschichte. Es benutzt die blanke Unkenntnis als Waffe." - Sir Peter Ustinov
Diesen Satz sollte man sich immer ins Bewusstsein rufen, wenn es um Vorurteile geht. Auf der anderen Seite können Vorurteile auch recht amüsant sein, oder gar die Vorverurteilten dazu anregen, sich selbstkritisch zu überdenken und gegebenenfalls zu bessern. Vorurteile zu widerlegen ist äußerst schwer. Es ist auch nicht die Absicht eines solchen, sich widerlegen zu lassen, wie man aus dem Satz von Peter Ustinov schließen kann. Hauptsache, man ist stets bereit, sich eines besseren belehren zu lassen und kann am Ende über die widerlegten Vorurteile schmunzeln.
Deutsche, die die Schweiz nicht gut kennen, haben entsprechende Vorurteile über die Schweizer. Die sind zwar nicht zwangsläufig schlecht, aber auch nicht gerade schmeichelhaft:
- Schweizer sind alle reich, was man daran erkennt, dass dort alles so teuer ist.
- Schweizer sind so langsam, aber trotzdem immer pünktlich.
- Schweizer sind immer neutral und ergreifen nie für jemanden Partei.
- Schweizer haben immer ein Taschenmesser dabei.
- Schweizer essen nur Schokolade und Käse.
- Schweizer verniedlichen alles und jedes Wort endet mit -li.
- Schweizer sprechen fließend Deutsch, Italienisch und Französisch.
- Schweizer weigern sich, Hochdeutsch zu sprechen.
- Schweizer sprechen so seltsam: "Ch-ch-ch-Chuchichäschtli".
- Schweizer haben was gegen Deutsche.
Aber was haben Schweizer denn nun gegen Deutsche? Richtig: Vorurteile.
- Deutsche sind immer direkt und reden viel, schnell und unüberlegt.
- Deutsche sind arrogant.
- Deutsche sind überheblich.
- Deutsche sind unfreundlich.
- Deutsche sind fordernd und es fällt ihnen schwer, "bitte" und "danke" zu sagen.
- Deutsche lieben es, zu kommandieren.
- Deutsche arbeiten gut und gründlich.
- Deutsche weigern sich Schwyzerdütsch zu sprechen.
Deutsche und Schweizer haben also gegeneinander reichlich Vorurteile. Aber bedeutet das gleich ein schlechtes Verhältnis oder gar eine Feindschaft? Ganz und gar nicht. Erstens liegt es an jedem Einzelnen, ob und welche Klischees er bedienen möchte. Zweitens haben wir Menschen eh alle irgendwelche Vorurteile. Selbst über unsere nächsten Mitmenschen. Wer denkt, die Schweizer hielten sich für etwas Besseres, wenn man ihre Vorurteile über Deutsche betrachtet, der wird schon an der Definition des Schweizers scheitern. Die Schweizer sind schließlich "von Kanton zu Kanton unterschiedlich" und alle 26 Kantone haben übereinander ebenfalls ihre Vorurteile, wie auch die 16 deutschen Bundesländer übereinander. So unterschiedlich, wie unsere Vorurteile behaupten, können wir Deutschen und Schweizer also gar nicht sein. Das ist doch wieder Anlass genug, die Vorurteile nicht als Boshaftigkeiten, sondern als harmlose Neckereien unter Geschwistern zu betrachten. Was könnten sie also Positives an sich haben? Eine Möglichkeit wäre, dass man sich als Gast oder Tourist im entsprechenden Land/Kanton auf den Besuch vorbereiten kann. So weiß man zumindest, was einen dort mit relativ großer Wahrscheinlichkeit erwarten könnte. Die Schweizer selbst, präsentieren uns ihre Vorurteile über ihre Kantone. Wit welchem Schlag Mensch müssten wir denn in den einzelnen Kantonen rechnen?
Reiseratgeber Schweiz: "von Kanton zu Kanton unterschiedlich"
Basel (-Land und -Stadt)
Außer zur Fasnacht oder wenn der FC Basel spielt, ist hier wenig los. Aber es hat genug Pharmaindustrie, um den Aufenthalt erträglich zu machen.
St. Gallen
St. Galler unterhalten sich meist in schwer erträglichem Dialekt miteinander darüber, wie sehr sie Senf hassen. Wir empfehlen Ihnen, Ihre Bratwurst ohne Senf zu essen.
Thurgau
Einziger Unterschied zu St. Gallen: Man unterhält sich hier auch über Äpfel.
Luzern
Ein Kanton mit latein-asiatischem Flair: Franzosen und Chinesen lieben ihn. Lozärner wissen alles und alles am besten. Museen sind also empfehlenswert.
Schaffhausen
Hier brauchen Sie nicht einzukaufen. Tun Sie es den Einheimischen gleich und kaufen Sie in Deutschland billiger ein.
Aargau
Um in den Genuss einer Rüeblitorte zu kommen, muss man weiße Socken in Sandalen dulden können. Von Autos mit Aargauer Kennzeichen sollte man sich möglichst fern halten - Lebensgefahr!
Bern
Entschleunigung pur. Hier ist alles seeeeehr laaangsaaam, bis auf Fahrzeuge mit Aargauer Kennzeichen.
Solothurn
"Nächster Halt: Olten. Bitte steigen Sie um." Macht man dennoch den Fehler, auszusteigen, erwartet einen nur eine kleine, schlechte und langweilige Kopie von Bern.
Wallis
Seltsame Eigenbrötler, die nicht mal der Rest der Schweiz versteht und das nicht nur wegen des seltsamen Dialekts. In Waldgebieten ist Vorsicht geboten: Entweder man begegnet einem Wolf oder einem bewaffneten Walliser, der versucht, einen Wolf zu erlegen.
Graubünden
Es gibt drei Arten von Bündnern: Wintersportler, Jäger und Kiffer.
Waadt
Waadtländer saufen den ganzen Tag nur Wein, essen nur Würstchen und hassen alle Deutschschweizer. Akzentfreies Französisch erspart Ärger.
Neuenburg
Hier bitte nach Belieben Vorurteile über Franzosen einfügen.
Jura
Gefährliche Separatisten, die im Absinth-Rausch einen Staatsstreich planen. Bedenken Sie, dass dort "Jurassen" leben. Keine Schweizer. Fettnapfgefahr!
Freiburg
Um die Nachfrage nach Greyerzer Käse zu decken, leben hier mehr Kühe als Menschen. Trifft man zufällig einen Menschen, ist dieser geruchlich nicht von einer Kuh zu unterscheiden.
Schwyz
Reiche Spießer bevölkern den Kanton. Nachtruhe gilt hier auch tagsüber. Sonntagsruhe gilt auch an Werktagen.
Unterwalden (Obwalden und Nidwalden)
Ein bärtiges Bergvolk aus vergessenen Zeiten haust hier. Ausnahmslos Älpler, die sich mit unverständlichen Lauten von Berg zu Berg verständigen.
Uri
Hinterwäldler wie in Nid- und Obwalden, aber mindestens so spießig wie die Schwyzer.
Zug
Wer hier wohnt, muss mindestens einen Porsche besitzen. Dafür spart man als reicher Snob hier gut Steuern.
Glarus
Über Glarner weiß niemand wirklich viel. Äußerst seltsames Volk.
Tessin
Die kleinen, schlechtgelaunten und hektischen Tessiner sind alle in der Mafia und wohnen noch bei ihrer Mama. Für jeden Geschmack gibt es im Tessin das passende Angebot, das man nicht ablehnen kann.
Zürich
Der Kanton der superreichen Banker und Bonzen, die Zürich in ihrer Arroganz als Hauptstadt der Schweiz betrachten. Doch wenn Sie dort zur Bank gehen und 300.000 € Bargeld einzahlen wollen, brauchen Sie am Schalter nicht zu flüstern. Armut ist in Zürich keine Schande.
Genf
Hier bitte die Beschreibung von Zürich auf Französisch übersetzen.
Appenzell (Inner- und Ausserrhoden)
Hier läuten überall Glocken! Appenzeller wandern am liebsten nackt.
Viel Vergnügen beim Bereisen und Kennenlernen der Kantone! Achten Sie doch mal darauf, ob die Vorurteile zutreffen. Können Sie diese bestätigen? Ohne "blanke Unkenntnis" dürften sie ja nicht mehr funktionieren ...
"Was sind das nur für gruselige Zeiten, in denen es leichter ist, ein Atom zu zertrümmern, als ein Vorurteil?" - Albert Einstein