Raclette-Schule - Teil 3: Welche Beilagen passen zum Raclettekäse?

Veröffentlicht von René

Welche Beilagen passen zum Raclettekäse? - © René Buss
«Beilagen zum Raclette», ein heikles Thema. Die einen dulden engstirnig keine anderen Komponenten als Silberzwiebeln und Cornichons, die anderen holen sämtliche Konservendosen aus der Vorratskammer, kaufen an der Fleischtheke im Supermarkt für schätzungsweise drei Monate ein und testen dann, was sie im Pfännchengrill alles kremieren und mit Raclettekäse und Hollandaise überbacken können. Beide haben jedoch eins gemeinsam: Sie entbehren jeder Grundlage der Aromenlehre. Den einen entgehen himmlische Hochgenüsse und die anderen winden sich nach dem Essen vor Magenschmerzen. Vom Gestank der verbrannten Melange in der verrauchten Wohnung ganz zu schweigen. Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte.

Raclette ist eine Entdeckungsreise. Jeder tastet sich Portion für Portion vor, schaut sich bei seinen Tischnachbarn appetitliche Tricks ab und die Endorphine jodeln, wenn man eine ganz besonders köstliche Kombination ganz alleine herausgefunden hat. Dazu braucht es sicher keine ganze Vorratskammer, etwas mehr als saure Gurken darf es aber schon sein, oder?

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Beim Raclette geht es nicht darum, möglichst viele Komponenten auf dem Tisch zu präsentieren, sondern die richtigen Komponenten zu finden, die dem Käse aromatisch schmeicheln und dessen Bekömmlichkeit fördern. Der gute Schweizer Raclettekäse steht schließlich im Mittelpunkt und auch nach dem Essen soll das körperliche Wohlbefinden nicht unter den Fettmengen leiden, wenn man ein paar Portionen zu viel hatte. Es braucht also einfach geschmacklich passende und der Bekömmlichkeit dienende Komponenten, wie bei jedem anderen Gericht auch. Der Käse hat viel Fett, folglich sollten fettige Beilagen gemieden werden. Säure hingegen unterstützt die Fettverdauung und regt die Magensäureproduktion an. Saure und fettarme Beilagen und Getränke sind also die beste Wahl.


Die Hauptbeilage zum Raclette: Brot oder Kartoffeln?

Beides hat seine Vor- und Nachteile und ist am Ende Geschmackssache. Brot saugt gut das Fett vom Käse auf, kann aber auch sehr aromatisch sein und somit den Käsegeschmack überdecken. Raclette ist schließlich nicht so geschmacksintensiv wie ein Käsefondue. Besonders in der Zentralschweiz und im Berner Oberland ist Raclette auf einer Scheibe Brot sehr beliebt. Schon seit vielen Jahrhunderten schmilzt man dort Bratkäse, der grundsätzlich mit Brot gegessen wird. Am weitesten verbreitet ist jedoch die Walliser Variante mit gekochten Kartoffeln. Am geschmackvollsten sind sie natürlich mit Schale. Sie sind mild und saftig und wenn man sie bricht, anstatt sie zu schneiden, nehmen sie ebenfalls hervorragend das köstliche Käsefett auf. Auf dem Teller lässt sich außerdem das optimale Mengenverhältnis von Käse zu Kartoffel auf der Gabel nach persönlichem Geschmack dosieren. Je nach Größe sind 1-2 kleine Kartoffeln pro Portion ideal.

Raclette im Wallis mit Kartoffel - © René Buss
Raclette in Obwalden mit Brot - © Seiler Käserei
Obwaldner Bratkäse mit herbstlichen Beilagen - © Seiler Käserei

Welches Gewürz braucht mein Raclettekäse?

Grundsätzlich gilt: Ein guter Käse braucht kein Gewürz! Aber: Ein gutes Gewürz bringt mehr Abwechslung. Stellen Sie einfach Ihren Gästen eine kleine Auswahl an Gewürzen bereit. So kann sich jeder an seine bevorzugte Geschmacksrichtung herantasten. Salz braucht es allerdings nicht! Die Kartoffeln wurden immerhin in Salzwasser gekocht und der Käse über Monate täglich mit Salzlake eingerieben.

Die klassischen Gewürze, die auch in den meisten Raclette-Gewürzmischungen vorkommen, können auch individuell eingesetzt werden. Getrocknete Kräuter, die in den Alpen vorkommen und auch von den Milchkühen gefressen werden, wie Thymian und Oregano, passen natürlich bestens dazu.

Gewürze zum Raclette - © René BussEtwas fantasievoller und sogar der Bekömmlichkeit dienend lässt sich auch mit Kümmel eine Portion bestreuen. Geradezu exotisch wird es mit zerstoßenem Szechuanpfeffer. Er ist eigentlich kein Pfeffer, sondern mit den Zitrusfrüchten verwandt. Mit entsprechend säuerlich, fruchtigen Aromen und einem feinen Prickeln auf der Zunge sorgt er für eine verblüffend aufregende Portion zwischendurch. Die Stadt Sion im Wallis baut sogar schon eigenen Szechuanpfeffer an und vermarktet es als regionales Produkt an Restaurants.

Neben einer klassischen Raclette-Gewürzmischung ist auch eine abenteuerlich-asiatische Curry-Gewürzmischung (englisch-mild oder Garam Masala) als exotische Abwechslung sehr zu empfehlen.

Tipp: Tasten Sie sich langsam an Ihre liebsten Gewürze heran. Probieren Sie in jedem Fall zuerst etwas Käse pur, um einen Vergleich zu haben. Vielleicht entwickeln Sie sogar Ihre eigene, ganz persönliche Raclette-Gewürzmischung, die Sie eines Tages Ihren Gästen im Gewürzstreuer präsentieren?

Gewürze zum Raclette:

Pfeffer (schwarz + weiß)
Paprika edelsüß
Muskatnuss
Kümmel
Knoblauchpulver
Thymian
Oregano
Szechuanpfeffer
Curry

Welche Beilagen zum Raclette? Nur Cornichons und Silberzwieblen?

Die am weitesten verbreiteten, klassischen Beilagen, die übrigens auch bei großen Anlässen im Wallis zum Raclette gereicht werden, sind sauer eingelegte Cornichons und Silberzwiebeln. Mehr braucht ein gutes Raclette eigentlich nicht. Sie bringen feine, würzige Aromen aus den Kräutern und Gewürzen wie Senfkörnern, die dem Essigsud hinzugegeben wurden, ohne die feinen Käsearomen zu überdecken. Aromatisch funktionieren diese Beilagen ähnlich dem eingelegten Ingwer beim Sushi, der zwischen den unterschiedlichen Sushi-Sorten gegessen wird, um den Geschmackssinn zu neutralisieren und um der Bekömmlichkeit positiv entgegenzuwirken. Eingelegter Ingwer ist übrigens auch zum Raclette exotisch-erfrischend. Gerade bei vielen verschiedenen Gewürzen, ist sauer eingelegtes Gemüse eine willkommene Erfrischung.

Saisonale Beilagen in Obwalden: Ananas, Honigmelone, Ingwer - © Seiler KäsereiCornichons und Silberzwiebeln gelten zwar als Standard-Beilage, doch treffen nicht unbedingt jedermanns Geschmack. Vielen sind sie dann doch eine Spur zu sauer. Eine Balsamico-Marinade mildert die Säure schon angenehm ab, aber auch andere Gemüsesorten erfüllen ihre Aufgabe und bringen Abwechslung für alle Vorlieben. Mit Schärfe und Süße kann die Säure hervorragend abgemildert werden. Süß-sauer und würzig sind Senfgurken sehr empfehlenswert.

Mais wird beispielsweise auch häufig zum Raclette gereicht. Wer allerdings zu süßen Maiskörnern aus der Konservendose greift, wird weder die erfrischende Säure genießen können, noch der Verdauung dienen. Sauer eingelegte Maiskölbchen, sind hingegen eine deutlich bessere Wahl. Eingelegte, auch geräucherte Parprika oder getrocknete Tomaten bringen süß-saure, mediterrane Aromen ins Spiel. Zuchetti (Zucchini) können ebenfalls wunderbar in einem Essigsud mit Senfkörnern, Dill und Currypulver eingelegt werden. Selbst im «raclettekonservativen» Wallis ist diese Beilage inzwischen auch sehr weit verbreitet. Zucchetti wachsen sehr ertragreich in vielen Hobbygärten und bieten sich somit zum Einlegen geradezu an. Mit sehr wenig Zeitaufwand hat man im Handumdrehen zahlreiche Einmachgläser voller köstlichem, eingelegtem Gemüse in der Vorratskammer.

Raclette-Stand mit Beilagenbuffet im Wallis:
Besteck, Cornichons, Curry-Zucchetti, Silberzwiebeln, frische Zwiebeln (offenbar sehr beliebt!), Kartoffeln warten auf den Käse. - © René Buss
Kartoffeln im Topf, eingelegtes Gemüse und Zwiebeln auf Reserve und Wein für den Racleur, damit er am heißen Ofen nicht austrocknet. - © René Buss

Wer solche exotischen Köstlichkeiten nicht selber einlegen möchte, der kann auch im Supermarkt auf fertige Sauerkonserven zurückgreifen und sie nach Belieben mit weiteren Aromen verfeinern und zum Beispiel einen Teelöffel Currypulver oder Chili hinzugeben, gründlich schütteln und ein paar Tage ziehen lassen.

Eine weiteres, sehr empfehlenswertes Extra neben sauer eingelegtem Gemüse sind Pilze. Mit ihren intensiven Naturaromen gesellen sie sich sehr gut zum Schweizer Raclette. Besonders im Spätsommer und Herbst sind frische Champignons, Steinpilze, Pfifferlinge und Morcheln, dünn geschnitten oder fein gehackt, sehr beliebt. Man kann sie einfach im Pfännchen auf den Käse legen, oder separat gebraten dazu reichen. Außerhalb der Pilzsaison sind auch eingelegte Pilze eine willkommene Abwechslung.

Frisches, rohes Gemüse ist nicht nur im Sommer zum Raclette empfehlenswert. Möhren, Stangensellerie oder Fenchel als knackige Sticks zum Naschen, oder frische Cherry-Tomaten sind nicht nur erfrischend, sondern auch noch sehr gesund. Das gilt auch für frischen, gehackten Knoblauch, der sich prima auf den Käse streuen lässt.

Beilagen zum Raclette:

eingelegt:
Cornichons
Silberzwiebeln
Senfgurken
Maiskölbchen
Paprika
Knoblauch
getrocknete Tomaten
Curry-Zucchini
Chili
Ingwer
Pilze
frisch:
Möhren
Stangensellerie
Fenchel
Cherry-Tomaten
Paprika
Knoblauch
rote Zwiebeln
Pilze (im Pfännchen)

 

Beilagen zum Raclette - © René Buss

Welche Getränke zum Raclette?

Fett und Wasser sind bekanntlich keine guten Freunde. Einen Klumpen Käse, der im Magen in und her schwappt, will schließlich niemand. Deshalb sind Wasser, Bier, zuckerhaltige Limonade und Cola auch alles andere als empfehlenswert zum Raclette, zumindest wenn man mehr als ein oder zwei Portionen isst. Aber wer kann schon einer dritten oder zehnten Portion widerstehen?

Schon das Fondue beweist: Geschmolzener Käse verträgt sich am allerbesten mit Weißwein! Schweizer Weine sind leicht, erfrischend und gleichzeitig überraschend aromatisch. Deshalb treffen sie nahezu jeden Geschmack und haben schon so manchen bekehrt, der bislang glaubte, keinen Wein zu mögen. Im Wallis sind die heimischen Fendant, Johannisberg und Heida mit ihrer frischen Säure zum Raclette obligatorisch und geschmacklich ideal. Auch ein Dôle oder Pinot Noir aus dem Wallis passt hervorragend. Ähnlich den Walliser Weinen sind auch die feinen Weine aus dem Waadtland (z.B. Chasselas) zum Raclette ideal.

Muss es unbedingt Alkohol sein? Nein, natürlich nicht! Ein Schwarztee, Grüntee oder Kräutertee beispielsweise ist dank seiner natürlichen Wirkstoffe eine gute, bekömmliche und alkoholfreie Alternative. Wenn es kein Tee sein soll, dann darf es auch gerne eine Apfelschorle sein. Fruchtsäure und Kohlensäure sorgen für Bekömmlichkeit.

Nach dem Raclette ein Schnäpsli? Sehr gern! Ein fruchtiger Obstbrand wie ein Abricotine oder Williamine ist im Wallis obligatorisch. Natürlich passen auch ZwätschgeVieille Poire, Kirsch oder einfach ein Appenzeller Alpenbitter sehr gut.

Getränke zum Raclette:

Wein:
Fendant / Chasselas
Johannisberg
Heida
Dôle
Pinot Noir
alkoholfrei:
Schwarztee
Grüntee
Kräutertee
Apfelschorle
Digestif:
Abricotine
Williamine
Obstbrände
Alpenbitter


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