Ein UNESCO Weltkulturerbe: Der Stiftsbezirk St. Gallen
Eines der Highlights des Kantons St. Gallen liegt in der gleichnamigen Stadt. Die Rede ist vom berühmten Stiftsbezirkt, bestehend aus der Stiftskirche, der Stiftsbibliothek und den dazugehörigen Klostergebäuden. Für den Anfang des Ortes müssen wir ins Jahr 612 zurückreisen, in dem das Kloster St. Gallen seinen Anfang nahm.
Der irische Mönch Gallus gehörte im 7. Jahrhundert einer Mönchsgruppe an, die durch weite Teile Europas pilgerte und missionierte. Auf einer Etappe vom Bodensee nach Italien erkrankte Gallus an einem Fieber und blieb zurück, während seine Gefährten weiterzogen. Nach seiner Heilung zog Gallus weiter, in das damals unerschlossene Hochland der Steinach. Der Legende nach wollte sich Gallus dort bei einer Rast zu einem Gebet zurückziehen, als er strauchelte und in einen Dornenbusch fiel. Das deutete er als göttliches Zeichen und errichtete dort seine Zelle.
Heute sind das Kloster, die Stadt, der Kanton und das Bistum nach dem Mönch Gallus benannt.
Eine bekannte Legende um Gallus ist die Geschichte mit dem Bären. Es war Nacht, als der noch Wache Gallus einen Bären sah, der zu seinem Lager kam und sich vor ihm aufrichtete. Gallus aber ließ sich nicht einschüchtern und befahl dem Bären im Namen Gottes, ein Stück Holz für das Feuer zu holen. Der Bär gehorchte und erhielt im Gegenzug, unter der Bedingung, dass er nie wieder zurückkehren solle, ein Stück Brot von Gallus. Der Bär tauchte nie wieder auf und wurde später zum Wappentier der Stadt St. Gallen. Heute ranken sich verschiedene Legenden um Gallus und den Bären. Im Laufe der Geschichte wurden die beiden unzählige Male zusammen dargestellt.
837 errichtete Abt Gozberg, angeregt durch den karolingischen Bauplan aus dem Kloster Reichenau, die Stiftskirche. Im Mittelpunkt der Anlage steht die Kirche, an die im Süden das Kloster anschließt. Die Gebäude herum dienen zur Bewältigung der Aufgaben, die ein Kloster zur damaligen Zeit hatte. Darunter fallen beispielsweise Bildung, Versorgung und Hygiene.
Schon im 10. Jahrhundert stieg das Kloster zu einem Zentrum der abendländischen Kultur und Wissenschaft auf. Das Kloster erhielt durch viele Spenden Ländereien und Geldmittel, die in hunderten Urkunden festgehalten wurden. Genau diese Urkunden werden heute im Stiftsarchiv aufbewahrt. In seiner über tausendjährigen Geschichte wurde das Kloster von vielen Werten geprägt und hat den Geist dieser Zeiten für die Nachwelt bewahrt. Das Stiftsarchiv und die Stiftsbibliothek beherbergen heute tausende Überbringsel der abendländischen Kulturgeschichte, darunter auch den berühmten St. Galler Klosterplan. Er ist der älteste noch erhaltene Bauplan Europas.
Seit 1983 ist der gesamte Stiftsbezirk UNESCO Weltkulturerbe.
Die Klosterbibliothek ist bis heute eine der größten und ältesten Klosterbibliotheken der Welt und zieht jährlich rund hunderttausend Menschen an, die die unendlich wertvollen Handschriften bestaunen wollen. Von ca. 170000 Büchern werden rund 30000 im Bibliothekssaal ausgestellt. Ebenfalls werden rund 2000 Handschriften aufbewahrt, die für die europäische Menschheitsgeschichte von besonderem Wert sind. Eine der besonderen Sammlungen des Klosters, sind die irisch-keltischen Handschriften. Trotz vieler Verluste über die Zeit, gilt die Sammlung heute doch als eine der bedeutendsten weltweit.
Aufenthalt
An der Kasse des Ausstellungssaales können Sie, um unnötige Wartezeiten zu vermeiden, direkt Karten, für alle drei Ausstellungen kaufen. Der Besuch startet also am Ausstellungssaal, der gleichzeitig das älteste Klosterarchiv der Welt ist. Hier finden Sie neben den originalen Urkunden aus dem frühen Mittelalter auch den berühmten St. Galler Klosterplan.
Die nächste Etappe führt Sie in den Gewölbekeller des Klosters, in dem Sie mehr über die Geschichte des Mönches Gallus lernen. Man wird auf eine Reise durch die Zeit mitgenommen, die einem die Entwicklung der europäischen Kultur im Spiegel der St. Galler Klostergeschichte vor Augen führt. Das Highlight des Gewölbekellers ist das ausgestellte Evangelium Longum. Über 500cm² große Elfenbeintafeln wurden in den Einband des Buches eingearbeitet, was bis heute als eine außergewöhnliche Arbeit gilt. Die Rückseite, auch „Gallustafel“ genannt, zeigt die Himmelfahrt Mariens und die Geschichte von Gallus und dem Bären, der wohl bekannteste Teil der Gründungslegende von St. Gallen.
Abschluss der Tour bildet die Stiftsbibliothek. Die tausenden einzigartigen Handschriften verleihen dem barocken Saal eine magische Wirkung. Die Eleganz des Raumes, gepaart mit den reichen Stuckverzierungen, erlauben es Ihnen, in die Geschichte des Ortes vollkommen einzutauchen.
Um das erlebte sacken zu lassen und sich einen Moment ruhe zu gönnen, kann man seinen Besuch in der Kathedrale ausklingen lassen und dort die atemberaubenden Deckengemälde bestaunen.
Jeden Tag, von Montag bis Sonntag, kann man Stiftsbibliothek, Gewölbekeller und Ausstellungssaal von 10 bis 17 Uhr besuchen (Stand September 2022). Es gibt die Möglichkeit, öffentliche Führungen oder Audioguides zu nutzen. Erwachsene zahlen 18 CHF, Studenten, Lehrlinge und Schüler 12 CHF und für Kinder unter 16 Jahren ist der Eintritt in Begleitung der Eltern kostenlos.