Das Eidgenössische Jodlerfest - traditionell, überraschend, vielfältig

Veröffentlicht von Joelina

© Jodlerfest Basel / Peter Wehrli, Muttenz

Das war 2023 das Motto des Eidgenössischen Jodlerfestes in Zug. 10.000 Aktive aus 500 Vereinen lockten mit ihrem kunstvollen Gesang, Fahnenschwingen und Alphornblasen 200.000 Besucher an. Alle drei Jahre wird das Eidgenössische Jodlerfest ausgerichtet. Ende Juni 2026 findet es in Basel statt. Es gibt zu hören, zu sehen, zu schmecken, zu staunen und viel zu lernen, denn tatsächlich ist der traditionelle Gesang der Alpen überraschend vielfältig. Für ein «Jodeldiplom» braucht es wohl doch einiges mehr, als nur ein paar «Jolladihiti» zu trällern.

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Was genau ist eigentlich dieses «Jodeln»?

Jodeln hat jeder schon einmal gehört, aber wieso können wir so einen Jodler-Text nicht wiedergeben? Ganz einfach: Es gibt keinen Text. Jodeln ist ein wortloser Gesang, welcher aus verschiedenen Lautsilben besteht. Charakteristisch ist ein schneller Wechsel zwischen der Brust- und Falsettstimme, der sogenannte «Registerwechsel», sowie große Intervallsprünge und ein weitreichender Tonumfang. Das bedeutet, es erfolgen in kürzester Zeit Wechsel von recht hohen zu recht tiefen Tönen mit einer allgemein weiten Bandbreite. So ergeben sich Silbenfolgen wie «Iohodraeho» oder «Holadaittijo». Auch wenn hier lediglich die Silbenabfolge gegeben ist, haben Sie bestimmt gerade auch die Melodie im Kopf. Ja, Jodeln ist einprägsam, auch wenn man nicht unbedingt viel zu verstehen vermag.

© Jodlerfest Basel / Peter Wehrli, Muttenz

Wie kommt man nun darauf, solch willkürliche Silben aneinanderzureihen und laut durch die Gegend zu trällern?

Jodeln hat seinen Ursprung in Gebirgsgegenden. Wie wahrscheinlich in allen unwegsamen Regionen der Welt benötigt es hier besondere Techniken, um Nachrichten akustisch über weite Distanzen zu übermitteln. So wurde Jodeln in den Alpen wahrscheinlich genutzt, um sich von Alp zu Alp zu verständigen oder als Viehruf, um die Herdentiere anzulocken. Kühe zeigen bekanntlich ebenfalls reges Interesse an Musik. Das Jodeln als Kommunikationsform gibt es nicht nur in den Alpenräumen Mitteleuropas. So gibt es ähnliche Varianten bei den afrikanischen Pygmäen, den Inuit, im Kaukasus, in Palästina, China, Thailand und zahlreichen weiteren Regionen der Welt.

Heute dient das Jodeln in der Schweiz nicht mehr der Verständigung von Alp zu Alp, sondern oftmals als Stilmittel in volkstümlicher Musik. Der gesellschaftliche Wert nimmt immer weiter zu. Jodlerfeste, Wettbewerbe und Weltrekorde – das Jodeln hält sich in der Gesellschaft, auch wenn es in seinem ursprünglichen Nutzen längst durch Telekommunikation abgelöst wurde. Auch der Nachwuchs scheint gesichert zu sein. Den Weltrekord im «Dauerjodeln» hält übrigens die bayerische Jodlerin Andrea Wittmann mit 15 Stunden und 11 Sekunden. Einen weiteren Weltrekord hält der Schweizer Peter Hinnen. Er stellte 1992 den Weltrekord im «Schnelljodeln» auf: 22 Jodel-Töne in gerade einmal einer Sekunde.

Jodeln in der Schweiz

In der Schweiz gibt es vor allem die Naturjodler und Jodlerchöre. Naturjodler und ihre Jodelgesänge sind meist mehrstimmig. Während ein Solojodler mit einer langsamen Tonfolge beginnt, steigen andere Jodler ein, summen den Ton mit, stimmen sich in die Melodie ein und beginnen, das Stück spontan mitzugestalten. Besonders bekannt ist der Naturjodel der Appenzeller, auch «Ruggusseli» oder «Zäuerle» genannt. Bei festlichen Anlässen steht das Naturjodeln oftmals nicht alleine, sondern wird von Talerschwingen oder Kuhglocken begleitet. Besonders am Naturjodel ist neben der Spontanität auch die Naturtonreihe: Der elfte Ton, das Alphorn-Fa, klingt etwas eigenartig. Es erklingt in der C-Dur-Tonreihe weder als «F» noch als «Fis», sondern eben als eine Zwischenform. Seit im 18. Jahrhundert die «wohltemperierte Stimmung» eingeführt wurde, ist dieser Ton aus den gebräuchlichen Tonreihen verschwunden.

In der Schweiz und anderen Alpenländern hat sich das Jodeln im 19. Jahrhundert zur Liedform hinentwickelt. Das Jodellied ist mittlerweile zwei-, drei- oder vierstimmig und wird von einem «Schwyzerörgeli» begleitet. Es ist zudem die Lieblingskategorie der Verbandsjodler. Deren Geschichte beginnt 1910, als sich die Verbandsjodler im Eidgenössischen Jodlerverband zusammenschlossen. Sie stellen sich jedes Jahr in kantonalen Jodlerfesten den Juroren. Wer sich hier qualifiziert, verdient sich einen Platz beim alle drei Jahre stattfindenden Eidgenössischen Jodlerfest. Besungen werden meist die Berge, Natur, Heimat, aber auch die Freiheit und Unabhängigkeit. Seit Ende des 20. Jahrhunderts sind auch geistliche Jodellieder zu hören. Mittlerweile gibt es rund 2.000 Kompositionen von Schweizer Jodelliedern, primär auf Schweizerdeutsch. Sie bestehen zumeist aus drei Strophen mit Text, auf welche jeweils ein Jodelteil folgt.

© Jodlerfest Basel / Peter Wehrli, Muttenz


Das Eidgenössische Jodlerfest

Das Eidgenössische Jodlerfest ist das grösste Fest der traditionellen Volkskultur in der Schweiz und fand erstmals 1924 in Basel statt. Im Mittelpunkt stehen die rund 1.000 Bewertungsvorträge in den Disziplinen Jodelgesang, Alphornblasen und Fahnenschwingen mit der Schweizer Fahne. In der Jodler-Kategorie bewertet eine Jury aus erfahrenen Jodlern die musikalische Qualität, die Harmonie, die Präsentation, den Ausdruck der Jodlerstücke.

Doch das Fest lebt nicht nur von der Musik: Denn ein ganz besonderer Anziehungspunkt des Jodlerfests ist das Jodlerdorf. Das Jodlerdorf wird während des Festwochenendes zum pulsierenden Herzen des Geschehens und bietet eine einmalige Mischung aus Tradition, Geselligkeit und kulinarischem Genuss. Zahlreiche Jodlervereine aus allen Landesteilen betreiben hier liebevoll gestaltete «Festbeizli», in denen sie regionale Spezialitäten wie Rösti, Bratwürste, Älplermagronen, Raclette und Trockenfleisch servieren.
Das Jodlerdorf ist nicht nur Verpflegungszone, sondern mit seinen «Jodlergassen» ein lebendiger Treffpunkt, an dem sich Aktive und Gäste spontan zum Singen oder Musizieren zusammenfinden. Besonders am Abend entsteht eine ausgelassene Stimmung, wenn Alphornklänge und Jodelgesang durch die Gassen hallen und Einheimische wie Auswärtige gemeinsam feiern. Auch handwerkliche Stände und Trachtenpräsentationen gehören dazu und vermitteln Einblicke in das reiche Kulturerbe der Schweiz. Am Sonntagmorgen findet der offizielle Festakt statt. Eine kunterbunte Zeremonie mit Gesang und Musik, prominenten Gästen und deren Ansprachen läutet den Abschluss des Festes ein. Dieser Abschluss ist der große Festumzug am Sonntagnachmittag. Über 1.500 aktive Teilnehmer in bunten, aufwändigen Trachten, Festwagen, Musik und traditionelle Märsche ergeben ein farbenfrohes, kunstvolles Mosaik des Schweizer Brauchtums.

© Jodlerfest Basel / Peter Wehrli, Muttenz
© Jodlerfest Basel / Peter Wehrli, Muttenz
© Jodlerfest Basel / Peter Wehrli, Muttenz
© Jodlerfest Basel / Peter Wehrli, Muttenz
© Jodlerfest Basel / Peter Wehrli, Muttenz
© Jodlerfest Basel / Peter Wehrli, Muttenz


Das Jodeln gehört zur Schweiz. Es ist schon längst mehr als nur ein Kommunikationsmittel, es ist ein Ausdruck des Schweizer Alpenlebens. Hier verschmelzen Klang, Kultur und Gemeinschaft zu einem einzigartigen Erlebnis, das Generationen verbindet und dem Zuhörer eine Gänsehaut über die Arme fahren lässt. Das Jodeln lebt weiter, auch wenn der historische und praktische Nutzen heutzutage entfällt.

Übrigens: In vielen Ortschaften werden auch Jodel-Crash-Kurse für Touristen angeboten. Ein Blick auf die Homepage des örtlichen Tourismusvereins mit seinen angebotenen Aktivitäten verrät, wo auch Sie ihr «Jodeldiplom» nachholen können.


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