Holzmuni Max – der heimliche Star am ESAF 2025
Das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest 2025 ist Geschichte. Die größte mobile Arena der Welt, welche mit 56.500 Zuschauern mehr als die gesamte Bevölkerung des Kantons Glarus (42.371 Einwohner) aufnehmen kann, wird wieder abgebaut. Der Blick der Besucher wandert von einem Superlativ zum nächsten: Von der Arena zum «Muni Max». Nur ein paar Schritte weiter, mitten auf dem Glarner Festgelände am Flugplatz Mollis, steht der wohl gewaltigste Stier (schweizerdeutsch: «Muni»), den die Schweiz je gesehen hat. Mit seinen rund 20 Metern Höhe, 30 Metern Länge und 188 Tonnen Gewicht ist der hölzerne Max ein echtes Schwergewicht. Er ist Symbol, Botschafter, Gemeinschaftswerk und Zukunftsprojekt in einem.
Über 220 Holzbauunternehmen, über 500 Auszubildende
Der Bau des Holzmuni vereint Unternehmen und Auszubildende der ganzen Schweiz über verschiedene Disziplinen hinweg. Die Idee, die sie eint: Ein nationales Aushängeschild für die Schweizer Holzindustrie, das Schweizer Handwerk und die jungen Menschen, die die Zukunft dieser Berufe tragen. Dass das Ergebnis nun in Form eines überdimensionalen Stiers auf dem ESAF-Gelände steht, ist kein Zufall. Der Muni, das traditionelle Siegersymbol und Hauptgewinn des Schwingfests, wurde aus rund 1200 Kubikmetern Schweizer Holz neu interpretiert und soll auch nach dem viertägigen Fest eine große Rolle spielen. Statt kurzlebiger Show gibt es nachhaltige Architektur mit Aussage.
Max ist nicht nur imposant, sondern auch bestens durchdacht. Das verwendete Holz stammt vollständig aus Schweizer Forstwirtschaft, die Konstruktion folgt modernsten Prinzipien des ökologischen Bauens und höchster Schweizer Handwerks- und Ingenieurskunst. So trägt Max nicht nur zur Sichtbarkeit des Holzbaus bei, sondern auch zum Dialog über Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft.
Dass Max begeistert, ist schnell klar geworden. Schon vor dem offiziellen Start des ESAF wurde der Muni zum Medienliebling und Instagram-Star. Besucher strömen in Scharen zu seinem Standort, posieren vor dem gewaltigen Kopf oder bestaunen die aufwendig hergestellten Holzelemente aus nächster Nähe. Genau das war das Ziel: Holz sichtbar machen, greifbar und erlebbar; nicht als Rohstoff allein, sondern als Ausdruck einer Kultur, die auf Qualität, Zusammenarbeit und regionale Wertschöpfung setzt.



«Chalbermax» und der charakteristische Max-Look
Rom wurde nicht an einem Tag gebaut – Max auch nicht. Bevor mit dem Bau des Kolosses gestartet werden konnte, war natürlich ein Modell nötig. Das «Preischalb» wurde an der ibW Höhere Fachschule Südostschweiz angefertigt. Der finale Muni Max wurde in 437 einzelne Module aufgeteilt, sodass mehrere Betriebe zeitgleich arbeiten konnten.
Der minimalistische und kantige Stil, in dem Max gestaltet ist, nennt sich «Low Poly Art». Der digitale Grafikstil, bei dem aus einem Netz von möglichst wenigen Punkten, mithilfe von geometrischen Formen, Bilder oder Figuren geschaffen werden, ist bereits beim «Chalbermax» eindrücklich zu sehen. Entstanden ist der Grafikstil in Anlehnung an die Grafiken von Computerspielen aus den frühen 1990er Jahren. Aufgrund der sehr begrenzten Rechenleistung damaliger Computer konnten 3D-Formen nur stark vereinfacht dargestellt werden. Der gesellschaftliche Trend zum Minimalismus verleiht dem Stil aktuell ein wahres Revival. Dadurch, dass die Kunst dieses Stils kantig, und eckig ist, ist er besonders gut für die Holzbauten geeignet.



Ein neuer Stall für Max
Doch was passiert mit Max, jetzt wo der letzte Schwinger aus dem Sägemehl gestiegen und das Fest Geschichte ist? Der Holzmuni ist ausdrücklich nicht als Wegwerfobjekt gedacht, vielmehr soll er in die nächste Phase seines Lebens eintreten - permanent Ausgestellt, zugänglich für die Öffentlichkeit und in quasi «artgerechter Umgebung». Die Entscheidung fiel unter den vielen Bewerbern letztlich zugunsten des Kantons Uri und dem Nätschen oberhalb von Andermatt. Auf 1850 Metern über dem Meer, zwischen Skigondeln und Oberalpbahn wird Max künftig als «Max der Uristier» eine neue Heimat finden. Sein Erscheinungsbild soll dort durch einen roten Nasenring aus lokalem Mondholz aufgewertet und dem Wappenstier des Kantons angepasst werden.
Dass Max nicht im Kanton Glarus bleibt, hat einige Diskussionen ausgelöst. Viele Glarner hätten ihren Holzmuni gerne behalten. Verständlich, schließlich wurde Max hier geboren, aufgebaut und gefeiert. Doch die Bewerbung aus Uri überzeugte mit einem klaren Nutzungskonzept, einer idealen Lage für Besucherströme und einer starken lokalen Verbindung. Auch finanziell trägt der neue Standort zur Zukunftssicherung des Projekts bei: Die Gesamtkosten für den Kauf belaufen sich auf rund 1,85 Millionen Franken, davon entfallen etwa 1,2 Millionen auf den Erwerb des fertigen Stiers. Es handelt sich also nicht nur um ein Symbol, sondern auch um eine Investition in Regionalentwicklung und Tourismus des Urkantons Uri.
In seiner neuen Heimat angekommen ist Max bereits in Einzelteilen. Beim Abbau des 188-Tonnen-Stiers kamen Kräne und Helikopter zum Einsatz. Die Vorgebauten Einzelteile wurden auf 32 Lastwagen verladen und zum Teil sogar mit Polizeieskorte nach Uri gebracht. Bis der Holzstier aufgebaut werden kann, wird es allerdings noch dauern. Es bedarf noch einer offiziellen Baubewilligung.



Mehr als Holz
In Andermatt soll Max künftig mehr sein als ein Andenken an das ESAF. Geplant ist, ihn als Plattform für Veranstaltungen, Führungen und Bildungsprojekte zu nutzen. Neben einer Innovationswerkstatt zu Thema Holz, welche Besuchern frei zugänglich ist, sollen auch Ausstellungen zu den Themen Kristallwelten und traditionelle Musik entstehen. Abgerundet wird das Erlebnis durch eine Sonnenterrasse mit Bergblick auf dem Rücken des Stiers. Er soll Geschichten erzählen vom Handwerk, vom Holz, vom Zusammenhalt in der Schweiz. Denn genau das ist das Ziel, das die Visionäre mit dem Bau von «Max» anstrebten. Er vereint Generationen, Branchen und Regionen. Er zeigt, was möglich ist, wenn viele an einem Strang ziehen – vom Forstarbeiter bis zur Architektin, vom Lehrling bis zum Projektleiter. Nicht zuletzt bringt Max ein Stück Schweizer Identität auf den Punkt: bodenständig, kraftvoll, gemeinschaftlich.


