Die Prognosen der Muotathaler Wetterschmöcker für Herbst/Winter 2023/2024

Veröffentlicht von René

v.l.n.r.: Karl Laimbacher, Karl Hediger, Martin Holdener, Alois Holdener, Martin Horat, Roman Ulrich - © Meteorologischer Verein Innerschwyz

«Steigt der Güggel auf den Mist, bleibt das Wetter, wie es ist. Steigt der Güggel auf das Huhn, hat das mit dem Wetter nichts zu tun.»
- Peter Suter (†2021)

"Klimawandel, globale Erwärmung, Extremwetter, Naturkatastrophen" - als Wetterschmöcker hat man es heute wirklich nicht leicht. Die Natur reagiert seltsam auf das ungewöhnliche Wetter, berichten sie. Wie soll man da noch verlässliche Wetterprognosen aus ihr "schmecken", wenn Ameisen, Schnecken, Ziegenbäuche, Vögel, Bäume, Gräser und Gänseblümchen "sich völlig daneben benehmen"?

Schon im Frühjahr ärgerte sich Martin Horat, der dienstälteste Wetterprophet (79) über die Ameisen, die sich weigerten, ihm eine gescheite Prognose für den Sommer zu geben. Auch Karl Hediger beklagte, dass seine Schnecken ihn bei seiner Winterprognose im letzten Jahr bereits in die Irre geführt hatten, die schließlich auch "vollkommen neben den Schuhen" war. Zu allem Überfluss kündigte der örtliche Pfarrer auch noch an, die Prognosen der Wetterschmöcker mit einem Wettersegen zu torpedieren und die Weltuntergangsstimmung, die der Böögg in Zürich verbreitete, als ihm der Kopf einfach nicht explodieren wollte, sorgte für besorgte Blicke gen Muotathal. Würden die Wetterschmöcker dem Böögg widersprechen und den ersehnten, schönen Sommer vorhersagen?

Beruhigte Seelen verließen die Mehrzweckhalle zu Rothenthurm, als dort die Wetterschmöcker im April ihre Prophezeiungen verlasen. Der Sommer und der Herbst sollten insgesamt recht schön werden und ausreichend Sonne und Regen zu aller Zufriedenheit bringen. Wie präzise ihre Prognosen waren, analysierten die sechs Wetterpropheten am 20. Oktober 2023 erneut in Rothenturm.

Versammlung der Muotathaler Wetterschmöcker in Rothenthurm
Wie immer herrscht großes öffentliches Interesse - © Wetterschmöcker / Facebook
«in vino veritas», aber ob darin auch das Wetter zu schmecken ist? - © Wetterschmöcker / Facebook

 

Wie präzise waren die Prognosen der Wetterschmöcker für den Sommer/Herbst 2023?

Der Mai begann nicht ganz so schön wie vorhergesagt. Eigentlich war er ziemlich verregnet und erst das Monatsende brachte in tieferen Lagen die vorhergesagten Frühlingsgefühle beim "Heuwetter". Der Juni war trocken und warm. Der sonnigste Juni seit Messbeginn auf der Alpennordseite. Drei der sechs Wetterschmöcker hatten also Recht. Von "Hudelwetter" keine Spur.

Der Juli hingegen war tatsächlich so katastrophal, wie prophezeit.

«Der Juli beginnt eigentlich noch recht schön. Aber was nachher kommt, ist schrecklich: Leidwetter. Viele glauben, die schlechten Leute seien schuld daran.»
- Martin Horat

Hitzewellen, Sturm und starke Gewitter prägten den "Sommermonat". Besonders in Erinnerung geblieben ist wohl der Waldbrand bei Bitsch im Oberwallis, der nach wochenlanger Löscharbeit glücklicherweise ein glimpfliches Ende im August hatte. Auch dieser Monat war von den Wetterpropheten präzise vorhergesagt: Heiß, schön, Regen und Gewitter in der zweiten Monatshälfte. Auch im September trafen die prophezeiten Hitzegewitter ein. Bilder von Kühen, die bei Rekordhitze über 35° durch einen See schwimmen, gingen durch die Medien. Nur der Schnee bis auf 1500m Höhe blieb aus. Für den Oktober hingegen waren die Vorhersagen absolut präzise:

Schönes Wetter mit milden Temperaturen. Wechselhaftes Herbstwetter mit Nebelfeldern nach der Monatsmitte und ein kräftiger Föhn, der warme Luft durch die Täler blies.

«Mehrheitlich regiert obäinä dä Föhn, unädurä ab und zue ä Näfeldeckel, schön zum uusalpä.»
- Kari Laimbacher

Die beste Prognose für den Sommer und den Herbst hatte "Naturmensch" Karl Hediger, dessen Schnecken ihm die letzte Winterprognose vermasselten, mit 15 von 20 Punkten. Die übrigen fünf Wetterschmöcker sind ihm aber dicht auf den Fersen. "Tannzapfen" Alois Holdener und "Musers" Martin Holdener folgen ihm mit 14,5 Punkten, "Jöri" Roman Ulrich und "Wettermissionar" Martin Horat mit 14 und "Tobel-Kari" Karl Laimbacher mit 13,5 Punkten. So dicht beieinander waren sie noch nie. Ein Zeichen für Zuverlässigkeit?

Der amtliche Wetterdienst ist jedenfalls nicht in der Lage, das Wetter für ein halbes Jahr vorherzusagen. Auch für einen Wetterpropheten im Muotatal ist das nicht leicht. Für seine Winterprognose schwört Karl Hediger auf Sägespäne. Wenn man anhand der Jahresringe eines Baumes auf dessen Vergangenheit schließen kann, dann müsse er auch irgendwie die Zukunft vorhersagen können. Der "Naturmensch" ist überzeugt, diese Vorhersagen im Geschmack der Sägespäne frisch gefällter Bäume zu schmecken. Zumindest sei es kalorienarme Kost. Martin Horat konnte leider an der Herbstversammlung nicht persönlich teilnehmen, ließ aber aus dem Spital grüßen und seine Prognosen stellvertretend von Dominik Rickenbacher verlesen.

Karl Hediger hat viele Methoden, sein Sägemehl zu analysieren. - © Wetterschmöcker / Facebook
Die Prognosen für den Herbst und Winter 2023 / 2024

Winterwunderland? Skiferien? Weiße Weihnachten? Ein warmer, sonniger Frühling? - Die Hoffnungen und Erwartungen sind groß, doch die Prognosen verheißen wohl eher Enttäuschung. Nur Martin Horat tanz völlig aus der Reihe und widerspricht seinen "Mitschmöckern". Einer gegen alle, alle gegen einen.

November:

Im November sind sich alle sechs noch einig. Angenehme Temperaturen weichen zur Monatsmitte Kälte, Regen, Schnee und Nebel. Die ersten Bilder von verschneiten Tälern haben uns bereits erreicht. In den Hochalpen hat zur Monatsmitte der warme Föhn den Anflug von Winterwunderland binnen kürzester Zeit dahinschmelzen lassen. Starke Regenfälle und Schmelzwasser ließen Zentralschweizer Flüsse wie die Saane und die Aare über die Ufer treten.

«Allerheiligen (1.) trocken bis bewölkt. Von Allerseelen (2.) bis zum 12. ein Martinisömmerli. Vom 13. bis Ende cherts, wird's kalt bis gijächet halbufä, so das es s'Ungeziefer im Bodä innä butzt, obä inä chli Schnee.»
- Karl Laimbacher

Föhn im Winterwunderland
Polarlichter über Grächen/VS am 5.11.2023 - © Meteo Oberwallis
Vom 12.11. auf den 14.11. macht der Föhn den Schnee zunichte. - © eischoll.roundshot.com/stryggen


Dezember:

Wechselhaftes Wetter, kräftiger Wind und milde Temperaturen verhindern Schnee und weiße Weihnachten. Das sagen zumindest fünf der sechs Wetterschmöcker.

«Es ist schwierig zu sagen was unter dem Samichlaus für ein Gender ist. Anfangs eher schön, um Mitte Föhnwetter. Grüne Weihnachten und das bis Ende.»
- Holdener Martin

Martin Horat ist hingegen überzeugt: «Anfangs wird dem Samichlaus die Nase grösstenteils zugefroren sein. Nach dem 10. gibt's eine Wärmeperiode. Um Weihnachten Schnee, mehr als genug. Die Wintersportler können in Saus und Braus leben, dafür haben sie auf Ende des Monats einen leeren Geldbeutel.»

Januar:

Einigkeit unter den Propheten. Es wird kalt. Sehr kalt. Schnee und Regen in der zweiten Monatshälfte.

«Fängt usinnig ghudlet an, Bise, giächät und guchsä, nüd für Gfrürfüdlä. Dreikönigen (6.) kalt aber trocken. Zweite Hälfte vom Januar Schneewetter mit einem Föhnstoss dazwischen.»
- Karl Hediger

Februar:

Wieder sind sich alle einig: Die erste Monatshälfte bringt überwiegend Kälte, aber schönes Wetter, die zweite Hälfte bringt reichlich Schnee und bestes Skiwetter.

«Für die Fasnächtler wird es sehr kalt und luftig, Schwarzes und Chrüter haben Hochschwung. Achermittwoch (14.) herrscht Kälte, danach folgt schönes Winterwetter bis zum 29. (Schaltjahr, Galtjahr)»
- Karl Hediger

März:

Jetzt wird es kompliziert. Jeder sagt etwas anderes. Einer sagt, der März beginnt warm und schön, ein anderer sagt, er beginnt mit "Hudelwetter", wieder ein anderer sagt Schnee voraus. Auch für den Rest des Monats gehen die Meinungen gleichermaßen auseinander, dass sich keine einheitliche Zusammenfassung finden lässt.

«Fängt weiter mit Hudelwetter an. Gegen Mitte eher frühlingshaft. Auf Ende schneits wieder bis zum Chatzen verleiden.»
- Martin Horat

April, April:

Vier von sechs prophezeien "Aprilwetter" für den Monatsanfang. Sogar Schnee soll um Ostern dabei sein. Drei von diesen sind auch überzeugt, dass der April auch ebenso miserabel enden wird.

«Muderiwetter, Regen und Nefel. Nach einer Woche wird's wärmer und soniger. Vom 15. bis 20. zeigt sich der April von seiner rauhen Seite, kalt und in den Bergen Schnee.»
- Roman Ulrich

Die Wetterschmöcker fassen zusammen:

Der Winter wird viel zu nass und zu mild, Weihnachten entsprechend grün. Die Skisaison wird wohl mit Verspätung starten. Martin Holdener drückt dem Skigebiet Sattel-Hochstuckli sein Mitleid in Wetterschmöckermanier aus: «Vorwinter wenig bis kein Schnee. Der Stuckli AG hätte ich zwar zwei Meter Schnee in den Arsch gegönnt. Im Hauptwinter Schnee zum Skifahren.» Auch der Frühling soll sich deutlich verspäten. Schmöckerkönig Karl Hediger kann den Frühlingsanfang in seiner Prognose bis Ende April noch nicht einmal sehen: «Der Frühling kommt erst nach meiner Prognose.» Martin Horat sieht den Winter im Gegensatz zu seinen Kollgen ganz anders: «Solche Leute, die an eine globale Klimaerwärmung glauben, könnten sich in diesem Winter täuschen.»



Anm. d. Red.: Äxgüsi! Auch wir haben gehofft, Ihnen bessere Nachrichten überbringen zu können. Dafür "schmecken" wir zur allgemeinen Beruhigung die Prognose für den kommenden Sommer schon voraus:

«Weihnacht grün und Frühling nass, dann bringt der Sommer doppelt Spass!»

(Diese Prognose wurde anhand der Yucca-Palme in der Ecke des Redaktionsbüros erstellt. Sie bewahrt ihren Optimismus und ihr hoffnungsvolles Grün zu jeder Jahreszeit. Der Kaffeesatz bestätigt.)

 


Weitere Beiträge zum Thema "Einblicke"

St. Gallen
Seit mehr als hundert Jahren eine treibende Kraft St. Gallens – Die Universität St. Gallen

Die Universität St. Gallen genießt auch über die Grenzen der Schweiz hinaus einen hervorragenden Ruf und wurde 2021 zum neunten Mal in Folge von der „

Weiterlesen

Bundesebene
Das Eidgenössische Schwingfest

Pratteln im Kanton Basel-Land, Ende August 2022. Zwei Monate lang wurde hier eine gigantische Zeltstadt auf einem Acker errichtet. Drei Tage lang Mens

Weiterlesen

Bundesebene
„Gang doch e chli der Aare naa… dere schöne, grüene Aare naa!“

2.2.22 - Gestern starb Andreas Flückiger, alias Endo Anaconda, Poet und Sänger der Schweizer Mundart-Band Stiller Has, viel zu früh und mehr oder weni

Weiterlesen

Weitere Beiträge →

Sie haben Kritik, Lob, Anregungen oder Fragen über die Schweiz? Wir freuen uns über Ihren Leserbrief: redaktion@swiss-finest.de

Nach oben