Kafi Fertig – Die Ultima Ratio für innere Wärme (mit Rezept)
Wenn selbst die dicksten Socken, die beste Thermowäsche, warme Decken, die Heizung, Kaffee, Tee und heiße Schoggi der Kälte nicht mehr standhalten können, dann hilft nur noch ein Kafi Fertig, Kafi Luz, Kafi Träsch, Cheli, Lödeliwasser, Kafi Füdliwärmer, Skispringer Luz, Kafi Schneetöff, Kafi Biberflade, Kafi Eichhörnli, Flämmli oder eine Heissi Oma!
Viele Namen und Varianten schmeicheln diesem legendären Schweizer Kultgetränk. An Skipistenbars, traditionell zur Fasnacht, in jeder Bergbeiz und jedem Restaurant mit bürgerlicher Küche wird es angeboten. Herkunft, Rezepte und Bezeichnungen sind natürlich „von Kanton zu Kanton unterschiedlich“ und zum Teil sehr umstritten. Jeder behauptet es besser zu wissen als andere, aber Einigkeit herrscht unter den Eidgenossen bei diesem Getränk keineswegs. Gut, dann wissen WIR eben am besten darüber bescheid!
So mancher ist diesem teuflischen Getränk schon auf den Leim gegangen. In einigen Touristengebieten wird es auf der Karte immerhin als „Schnapskaffee“ oder „Kaffee Schnaps“ bezeichnet, was schon eher auf den Inhalt schließen lässt. „Ein Kaffee mit einem Schuss Schnaps ist jetzt sicher nicht verkehrt, bei der Kälte,“ denkt man sich und bestellt. Das servierte Getränk hat optisch jedoch ziemlich wenig mit einem Kaffee gemeinsam. Es erinnert eher an einen Tee, serviert in einem Glas. Erste Skepsis kommt auf. Selbst der verachtete „Blümchenkaffe“, der so dünn ist, dass man die Blumenmuster in Omas Kaffeetassen hindurch sehen kann, auch „Bodenseekaffee“ genannt, ist noch trüber als das, was einem da gerade vorgesetzt wurde. Man hebt das Glas, setzt es an und ein fruchtiger, starker Alkoholgeruch dringt tief in die Nase ein. Ein erster, vorsichtiger Schluck bestätigt die Vermutung: „Die haben den Kaffee vergessen!“ Zumindest muss das Mengenverhältnis von Kaffee und Schnaps vertauscht worden sein. Was ist da schiefgelaufen? Ist die Serviertocher verliebt? Dennoch findet man Schluck um Schluck Gefallen daran. Und Wärme. Das ist tückisch. Man bestellt noch ein paar weitere und ehe man sich versieht hat einen der Kaffee „fertig“ gemacht. Daher der Name?


«Wer hat's erfunden?»
Spirituosen in Heißgetränken sind wahrlich keine helvetische Innovation. Pharisäer oder den Grog kennt man zum Beispiel in Norddeutschland oder den Jagertee in Österreich. Aber der „Kafi Fertig“ (so die häufigste Bezeichnung) ist tatsächlich ein typisch schweizerisches Kultgetränk mit dreihundertjähriger Geschichte. Den entscheidenden Hinweis darauf liefert die zweithäufigste Bezeichnung: „Kafi Luz“. Das wiederum leitet sich von der Bezeichnung „Luzerner Kaffee“ ab. In der Gegend um Luzern, besonders im Entlebuch, hat die Destillerie von Obstbränden bis heute eine lange Tradition. Im 18. Jahrhundert trank man in der Innerschweiz noch etwa 13 Liter Schnaps pro Kopf pro Jahr. Den ersten Schnaps des Tages nahm man schon vor dem Frühstück zu sich. Als logische Konsequenz wurde der Schnapskonsum schließlich per Gesetz verboten und dessen Einhaltung durch „Schnapspolizisten“ kontrolliert. Die pfiffigen Eidgenossen sahen es überhaupt nicht ein, auf ihren Schnaps zu verzichten und „versteckten“ ihn einfach in ihrem Kaffee. Dass der Kaffee so dünn ist, liegt ganz einfach daran, dass Kaffee damals ein extrem teures Gut war und er grundsätzlich so dünn und sparsam aufgebrüht wurde. Weil so jedoch auch mehr Spielraum für die feinen Aromen des Obstbrandes bleibt, hat sich das alte Rezept auch bis heute durchgesetzt. Aber in Luzern nennt ihn heute niemand „Kafi Luz“. Der Name dieses teuflischen Getränks könnte ja vielleicht auch auf „Luzifer“ zurückzuführen sein, oder?
Der Dreiklang der Zutaten macht die Musik
Die Grundregel besagt: „Man muss durch den Kafi Fertig eine Zeitung lesen können!“ Er muss Kaffee, Zucker und Schnaps beinhalten. Welcher Schnaps verwendet wird, ist entweder umstritten oder einfach egal. Hauptsache, es ist ein Obstbrand aus Kernobst. Am häufigsten ist es ein „Träsch“, ein Brand aus Äpfeln und Birnen. Williams-Birne und Pflaume werden fast ebenso häufig verwendet. Die variablen Obstbrände führen auch zu neuen Bezeichnungen. So wird durch einen Pflaumen- beziehungsweise Zwätschgenbrand aus dem „Kafi Luz“ ein „Zwätschge Luz“. Moderne Variationen wie der „Kafi Eichhörnli“ lösen sich sogar vom Obstbrand los. Hier wird ein Haselnusslikör verwendet. Der Kaffee wird normalstark gebrüht und obenauf bekommt es noch ein hübsches Sahnehäubchen. Die liberalste Variante ist gewiss das „Flämmli“. Hier wird sogar völlig auf die Mischung und das klassische Glas verzichtet. Man versenkt zwei Stücke Würfelzucker in einem Espresso, ohne sie zu verrühren. Dann trinkt man den Espresso und gießt die Espressotasse voll mit Schnaps. Man zündet ihn an und lässt den zurückgebliebenen Zucker karamellisieren. Wenn kein Zucker mehr zu sehen ist, löscht man die Flamme, lässt die Tasse abkühlen und stürzt sich dann den Schnaps hinunter. Aus Sicherheitsgründen sollte man dabei sitzen. Wer danach nicht jodeln kann, hat etwas falsch gemacht.
Zurück zum Original! Ein Kafi Fertig wärmt wunderbar an kalten Tagen und bei garstigem Wetter. Mehr als einen oder auch andere alkoholische Getränke vorher oder nachher zu trinken, davon raten wir selbstverständlich ab. „Drink responsible“ lautet die Devise! Nicht überall wird einem so viel Verständnis für einen Schnaps mit Kaffee am hellichten Tag entgegengebracht wie in der Schweiz. Wer beispielsweise in Deutschland tagsüber auf der Arbeit einen Kafi Fertig für die innere Wärme genießen möchte, der sollte auf das verräterische, klassische Glas, das nur unnötige Aufmerksamkeit erregt, verzichten. Ein türkisches Teeglas zum Beispiel dient hervorragend als Tarnung. Der Inhalt sieht schließlich auch aus wie ein Tee, aber ein Glas muss es schon sein, damit man die Zeitung hindurch lesen kann. Alles parat für den „Kafi Fertig“?
„Kafi Fertig“ - Rezept für 1 Glas (200ml)
Methode 1: Instantkaffee
- 2 Würfel Zucker
- 4cl Obstbrand
- Mit heißem Wasser aufgießen
- 10-20 Körner Instantkaffee
Methode 2: Bohnenkaffee
- 2 Würfel Zucker in das Glas geben
- Mit Kaffee übergießen, bis die Zuckerwürfel nicht mehr zu sehen sind
- Obstbrand eingießen bis die Zuckerwürfel wieder sichtbar sind
- Mit heißem Wasser auffüllen
Prööschtli!