Schweizer Literatur: Friedrich Dürrenmatt – Ein Leben zwischen Krimi, Komödie und Kunst

Friedrich Dürrenmatt zählt zu den bedeutendsten Schweizer Schriftstellern und Dramatikern des 20. Jahrhunderts. Geboren am 5. Januar 1921 in Konolfingen im Kanton Bern und verstorben am 14. Dezember 1990 in Neuenburg, hinterließ er ein umfangreiches Werk, das sowohl in der Schweiz als auch international bekannt ist. Nicht nur seine Romane wie «Der Richter und sein Henker», «Der Verdacht» und «Das Versprechen» haben Generationen von Schülern und Lesern geprägt, sondern auch seine Theaterstücke wie «Der Besuch der alten Dame», «Die Physiker» und «Der Meteor». Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit war Dürrenmatt auch Maler, eine Leidenschaft, die ihn seit seiner Kindheit begleitete und in der er, wenn auch erst später, ebenfalls Anerkennung fand.
Der Kampf gegen den konservativen Vater
Friedrich Dürrenmatt wurde als zweites Kind von Reinhold Dürrenmatt, einem Pfarrer, und seiner Frau Hilda geboren. Er wuchs in einer religiös-konservativ geprägten Umgebung auf, die ihn und seine spätere literarische Arbeit stark beeinflusste. Er hatte eine ältere Schwester und einen jüngeren Bruder. Schon als Kind zeigte sich Dürrenmatts künstlerisches Talent: Er begann früh zu zeichnen, wobei er sich besonders für Katastrophenszenarien interessierte. Schöne Landschaftsbilder zu schaffen, interessierte ihn recht wenig. Neben der Kunst war Fußball eine weitere Leidenschaft des jungen Dürrenmatts und er las leidenschaftlich viel, was sein Interesse an der Literatur und dem Schreiben weckte.
Im Jahr 1935 zog die Familie nach Bern, nachdem Friedrichs Vater dort eine Priesterstelle angenommen hatte. In Bern besuchte Friedrich Dürrenmatt das Freie Gymnasium und später das Humboldt-Gymnasium, wo er 1941 die Matura absolvierte. Doch seine Schulzeit war alles andere als einfach. Dürrenmatt war kein guter Schüler und zeigte sich oft rebellisch, vor allem gegenüber seinem Vater. Dieser wollte, dass Friedrich Theologie studierte und beruflich ebenfalls eine religiöse Richtung einschlägt. Doch Dürrenmatt Junior wehrte sich vehement und mit allen möglichen Mitteln seines jugendlichen Leichtsinnes.
Studienzeit in Bern und Zürich
Anstatt dem Wunsch seines Vaters zu folgen, entschied sich Dürrenmatt zunächst, Kunst zu studieren. Dies sah er als eine Möglichkeit, seine künstlerischen Fähigkeiten und Wissen zu vertiefen. Viele verschiedene Umstände führten aber dazu, dass er sich doch an der Universität Bern für ein Studium der Philosophie, Naturwissenschaften und Germanistik einschrieb. Trotzdem hielt er an seiner Leidenschaft als Maler fest. Während seiner Studienzeit verbrachte er einige Semester in Zürich, wo er bedeutende Maler des Expressionismus kennenlernte, die ihn stark beeinflussten. Zugleich begann er, erste Texte zu schreiben, in denen er die viele Themen verarbeitete, die ihn beschäftigten. Dürrenmatt war innerlich hin- und hergerissen: Sollte er sich der Malerei oder der Schriftstellerei widmen? Diese Zerrissenheit begleitete ihn durch seine Studienzeit, bis er sich schließlich für die Literatur entschied – eine Entscheidung, die ihn später zu einem der wichtigsten Autoren des 20. Jahrhunderts machen sollte. 1946 heiratete er Lotti Geissler, mit der er eine Familie gründete. Das Paar zog zunächst nach Basel, wo 1947 Peter, ihr erster Sohn geboren wurde. Ein Jahr später verlegte die Familie ihren Wohnsitz nach Schnernelz am Bielersee.

Die Anfänge als Schriftsteller
Friedrich Dürrenmatts literarische Karriere entwickelte sich eher schleppend. In den 1940er Jahren knüpfte Dürrenmatt Kontakte zu Max Frisch, einem weiteren großen Schweizer Schriftsteller. Frisch unterstütze Dürrenmatt dabei, seine ersten kleinen Theaterstücke auf die Bühne zu bringen. Doch der Erfolg blieb zunächst aus. Die Aufführungen waren schlecht besucht und Dürrenmatt hatte Mühe, sich als freier Schriftsteller über Wasser zu halten. Zu dieser Zeit kämpfte er damit, sich selbst, seine Frau und seine mittlerweile fünf Kinder zu ernähren. Er schrieb Hörspiele, um finanziell über die Runden zu kommen, und arbeitete stetig weiter an seinen Texten.
Einer seiner ersten Romane, «Der Richter und sein Henker» mit dem altersstarrsinnigen «Kommissär Berlach» als Hauptfigur, erschien 1950 in acht Folgen in der Wochenzeitschrift «Der Schweizerische Beobachter». Dieser Kriminalroman, der in Bern und am Bielersee spielt, markiert den Beginn von Dürrenmatts Erfolg als Schriftsteller. «Der Verdacht» folgte 1951/52 ebenfalls im «Beobachter» als Nachfolgeroman mit dem beliebten, alten Kriminologen aus Bern.

Der Durchbruch
1952 kaufte Dürrenmatt für sich und seine Familie ein Haus im Vallon de l'Ermitage in Neuchâtel, das bis zu seinem Tod sein fester Wohnsitz blieb. In dieser ruhigen Umgebung schuf er viele seiner bekanntesten Werke. Ein erster großer Erfolg war die Komödie «Die Ehe des Herrn Mississippi», die 1952 entstand und auf deutschen Bühnen vorgestellt wurde. In der Schweiz wollte zunächst niemand das Stück aufführen, doch in Deutschland fand es großen Anklang und trug zu Dürrenmatts internationalem Durchbruch bei. Dieser gelang Dürrenmatt schließlich 1956 mit der Uraufführung der Tragikomödie «Der Besuch der alten Dame» in Zürich. Das Stück war ein so großer Erfolg, dass Dürrenmatt und seine Familie endlich finanziell unabhängig wurden. Endlich konnten sie um die Welt reisen und neue Inspirationen sammeln. Sie konnten sich sogar eine Bedienstete leisten, die sich um ihre Kinder kümmerte, während sie auf Reisen waren. In den Jahren 1957 bis 1959 verbrachte Dürrenmatt aufgrund seiner Diabeteserkrankung einen längeren Kuraufenthalt im «Grandhotel Waldhaus» in Vulpera, Graubünden. Diese Zeit nutzte er intensiv, um neue Ideen für seine Werke zu entwickeln, die später ebenfalls großen Erfolg haben sollten.
1962 feierte Dürrenmatt mit «Die Physiker» einen weiteren Triumph. Auch dieses Stück wurde in Zürich uraufgeführt. Sein letzter großer Welterfolg als Dramatiker war «Der Meteor» im Jahr 1966, ein weiteres Werk, das sich mit existenziellen Fragen auseinandersetzte und das Publikum weltweit begeisterte.
Der späte Ruhm als Maler
Neben seinen literarischen Erfolgen fand Dürrenmatt gegen Ende seines Lebens auch als Maler Anerkennung. Seine Zeichnungen, die er lange Zeit der Öffentlichkeit vorenthalten hatte, wurden 1976 durch die Motivation eines Freunde erstmals in einer kleinen Ausstellung im «Hôtel du Rocher» in Neuchâtel der Öffentlichkeit präsentiert. Diese Ausstellung war ein bedeutender Schritt und begeisterte sein Publikum, wenn auch nicht in dem Umfang wie seine literarischen Werke.

Tod und posthumes Wirken
Nach dem Tod seiner ersten Frau Lotti im Jahr 1983 heiratete Dürrenmatt die Regisseurin Charlotte Kerr, die ihn bis zu seinem Tod begleitete. Am 14. Dezember 1990 starb Friedrich Dürrenmatt im Alter von 69 Jahren an Herzversagen. Kurz vor seinem Tod veröffentlichte er mit «Turmbau IV-IX» ein Werk, das auch autobiografische Elemente enthält und erstaunlich tiefe Einblicke in seine aufregende Gedankenwelt gewährt. Dürrenmatt erhielt im Laufe seines Lebens zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Literaturpreis der Stadt Bern 1954, den Großen Schillerpreis 1960 und den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur 1983. Mehrere Universitäten ehrten ihn mit Ehrendoktorwürden, was seine Bedeutung für die europäische Literatur unterstreicht. Seit dem Jahr 2000 wird Friedrich Dürrenmatts Vermächtnis im «Centre Dürrenmatt» in Neuchâtel von der Schweizerischen Nationalbibliothek bewahrt, wo sein Leben und Werk in einer Dauerausstellung gewürdigt werden.
 
			
 
             
             
             
			 
			 
			 
			 
			 
			 
			 
			 
			 
			 
			 
			 
			 
			 
			 
			 
			 
			 
			 
			 
				 
			 
				 
				 
				 
				 
				 
				