«Riz Casimir» - Die exotische Seite der Schweiz (mit Rezept)

Veröffentlicht von René

© René Buss
Kaum eine Speise beschreibt den Schweizer Charakter so gut wie das «Riz Casimir»: Einerseits das Fernweh nach der großen, weiten Welt, andererseits das Heimweh nach der schönen Schweiz. Riz Casimir vereint Kindheitserinnerungen, Traditionsbewusstsein und gleichzeitig den Schweizer Pioniergeist mit dem Bestreben, gute Dinge noch besser zu machen und neue Wege zu erkunden. So wurde aus einem Schweizer Klassiker ein neuer Schweizer Klassiker - und das ganz ohne Käse oder Kartoffeln! Süßes Obst trifft auf asiatische Gewürze, fruchtige Schärfe, zartes Hähnchenfleisch und duftenden Reis.


Die indisch angehauchte Neuinterpretation eines Schweizer Klassikers

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Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem steigenden Wohlstand revolutionierte auch die kulinarische Landschaft der Schweiz. Neue, hochwertige Speisen, die ganz besondere Erlebnisse garantierten, wie man sie daheim nicht hat, waren besonders hoch im Kurs. Die Erfindung des «Zürcher Gschnätzlets» im Jahr 1949 war gewissermaßen ein Türöffner für waghalsige Experimente der namhaftesten Schweizer Köche. Drei Jahre später präsentierte Mövenpick-Gründer Ueli Prager in seinem Restaurant am Bürkliplatz in Zürich seine neueste Kreation. «Zürcher Gschnätzlets» war zu jener Zeit überall in der Schweiz gefragt und buchstäblich «in aller Munde». Während eines Besuchs in London, wo indische Curry-Gerichte derzeit angesagt waren, las er in einem amerikanischen Magazin über asiatische Küche, welche durch rückehrende Soldaten aus Japan, den pazifischen Inseln und Korea in den USA boomte.

Ueli Prager nahm einfach das beliebte «Zürcher Gschnätzlets» als Basis und veränderte nur wenige Zutaten, um auch einen Hauch Exotik auf die Teller der Schweiz zu bringen. Natürlich war äußerste Vorsicht geboten, denn würzige Curry-Gerichte nach indischem Vorbild hätten seinerseits die Geschmacksnerven der Schweizer mit Sicherheit überreizt. So würzte er die Rahmsoße einfach mit mildem Currypulver aus England und garnierte seine Variante des Zürcher Gschnätzlets mit ein paar Stücken Obst und einem Rahmhübeli mit Cocktailkirsche. Dazu servierte er nach asiatischem Vorbild Reis (französisch: «riz»). In Anlehnung an die indische Region «Kaschmir» benannte er seine Kreation mit dem französisch hochwertig klingenden Namen «Riz Casimir».

Restaurant Mövenpick, Zürich 1972 - © ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv, Jules Vogt

Vom edlen Restaurant in jede Küche der Schweiz

Was damals einen Sturm der Begeisterung auslöste, vermag heute, wo Thai-Curry und asiatische Restaurants allgegenwärtig sind, kaum noch zu reizen. Im «Tasteatlas» schaffte es Riz Casimir sogar unter die «100 am schlechtesten bewerteten Speisen der Welt». Nota bene darf dort niemand über Speisen seines eigenen Heimatlandes abstimmen! Dass, diese schockierend schlechte Bewertung völlig ungerechtfertigt ist, beweist die Entwicklung des Riz Casimir seit dessen Erfindung. Es war damals schon so beliebt, dass Frauen in Haushaltsschulen und Kochkursen lernten, es zu kochen. 1960 veröffentlichte Elisabeth Fülscher in ihrem Kochbuch für vornehme Speisen ihre eigene Variante, Betty Bossi folgte 1976. In allen Haushalten wurde Casimir gekocht und selbst Konservenhersteller Hero reagierte mit seinem «Fruchtcocktail – bestens geeignet für Riz Casimir» auf die enorme Nachfrage. Sogar in Schweizer Schulen wurde Riz Casimir mit dem Schulkochbuch «Tiptopf» im Hauswirtschaftsunterricht gelehrt. Das teure Kalbfleisch wurde in der Regel durch Schwein oder Geflügel ersetzt. Heute ist es in allen Altersklassen gleichermaßen beliebt. Senioren wünschen es sich am häufigsten zum Geburtstag im Pflegeheim, in der Schweizer Armee ist es fest im Rezeptbuch «Reglement 60.006d» verankert und Kinder essen es in der Schulkantine oder im Pfadilager mit großer Freude. Selbst Tankstellen und Supermärkte verkaufen Riz Casimir als schnelle Fertiggerichte für die Mikrowelle. Zudem gibt es inzwischen so viele verschiedene Varianten, klassisch mit Rahmsoße oder modern, asiatisch, die jeden Geschmack treffen.

«Risotto Casimir» von Elisabeth Fülscher 1960
«Riz Casimir» aus Betty Bossi «Fleisch für Sonntag und Alltag» 1976
Klassisches Riz Casimir in einem Seniorenpflegeheim irgendwo im Kanton Bern

Riz Casimir – modern, asiatisch, geschmackvoll

Unsere Variante widmet sich dem modernen Zeitgeist und Geschmack. Gesunde, asiatische Küche ist allseits bekannt, also darf die Sahne in der Soße auch der Kokosmilch weichen, die schließlich auch im Thai-Curry nicht fehlen darf. Anstelle fetter Butter, benutzen wir gesundes und geschmackvolles Erdnussöl. Olivenöl wäre eine gute Alternative. Auch Ihr Cholesterinspiegel, Leber, Herz und Lymphknoten werden es Ihnen also danken! Gewürze, wie man sie aus der chinesischen «5-Gewürze-Mischung kennt», sind heute überall erhältlich und perfektionieren das asiatische Geschmackserlebnis. Chili bringt eine leichte, fruchtige Schärfe oder kann auch nach Belieben hochdosiert ein thailändisches Feuer auf der Zunge entfachen. Die Garnitur kann nach belieben klassisch oder asiatisch gewählt, oder sogar ganz ausgelassen werden. Die Soße steckt bereits voller Geschmack – süß, säuerlich, fruchtig, mehr oder weniger scharf. In unserem Rezept geht es schließlich um die Zubereitung und nicht um die Dekoration.


 

«Riz Casimir» - Rezept für 4 Personen


Zutaten:

600g Hähnchenbrust
3 rote Zwiebeln
3 Knoblauchzehen
2 Äpfel
2 Bananen
400ml Kokosmilch
1dl Weißwein
2 EL Sojasoße
1 EL Gemüse-Bouillon
Erdnussöl (oder Olivenöl)
300g Basmati-Reis

Gewürze:

Salz
Schwarzer Pfeffer
3 EL Currypulver
2 EL Kurkuma (gemahlen)
1 TL Fenchelsamen (gemahlen)
5 Nelken (gemahlen)
1 EL Chiliflocken
2 Sternanis (ganz)
1/2 Sternanis (gemahlen)
3 Kapseln Kardamom
2 Lorbeerblätter

Zubereitung:

1. Wichtigster Geschmacksgeber ist die Gewürzmischung. Frisch gemörsert kommt sie am besten zur Geltung: Fenchelsamen, Nelken, Chiliflocken, 1/2 Sternanis, 1 EL Currypulver, 1/2 EL Kurkuma.
2. Die Hähnchenbrust in ca. 2-3cm große Stücke schneiden und mit Salz, Pfeffer und der vorbereiteten Gewürzmischung marinieren. Idealerweise lässt man das marinierte Fleisch luftdicht verpackt über Nacht im Kühlschrank ziehen. Die Gewürzmischung wird nicht vollständig für die Marinade benötigt werden. Der Rest wird später für die Soße verwendet.
© René Buss
3. 1 EL Erdnussöl in einem großen Kochtopf erhitzen und das Fleisch rundum darin anbraten. Röstaromen sind entscheidend für den späteren Geschmack der Soße! Anschließend das Fleisch aus dem Topf nehmen und zur Seite stellen.
4. Zwiebeln und Knoblauch grob schneiden und im Bratensatz mit einem weiteren EL Erdnussöl etwa 5 Minuten bei mittlerer Hitze anschwitzen und Lorbeerblätter hinzugeben. Inzwischen die Äpfel und Bananen schälen, die Kerngehäuse der Äpfel entfernen und das Obst in Scheiben schneiden.
© René Buss
5. Äpfel und Bananen in den Topf geben, mit 2 EL Currypulver, 1,5 EL Kurkuma und der übrigen Gewürzmischung würzen und etwa 5 Minuten auf großer Hitze unter gelegentlichem Rühren karamellisieren lassen.
© René Buss
6. Mit Weißwein deglacieren und dabei gründlich den aromatischen Bratensatz vom Topfboden lösen. Nach 1-2 Minuten die Hitze wieder reduzieren, das angebratene Obst und Gemüse mit Wasser aufgießen bis es vollständig bedeckt ist und die Bouillon einrühren. Ohne Deckel auf mittlerer Hitze einkochen lassen bis die Bouillon nur noch wenige Millimeter den Boden bedeckt.
© René Buss
7. Nicht vergessen: Lorbeerblätter entfernen!!!
8. Kokosmilch einrühren und auf großer Hitze kurz aufkochen lassen.
9. Den Topf vom Herd nehmen und die Soße mit einem Stabmixer pürieren, bis keine Stücke mehr erkennbar sind und sie ein schöne, cremige Konsistenz hat.
10. Den Topf wieder auf den Herd stellen, das angebratene Fleisch in die Soße legen und auf kleiner Hitze noch etwas ziehen lassen. Sollte die Soße noch etwas zu dünn sein, kann sie jetzt auch auf mittlerer Hitze noch etwas einkochen.
11. Die Soße abschmecken und gegebenenfalls nochmals mit Curry und Kurkuma nachwürzen, bis Geschmack und Farbe stimmen. Während die Soße noch den Geschmack der Fleischmarinade annimmt und das Fleisch in der Soße zart wird, ist es Zeit den Reis zu kochen.

12. Den Reis in einen kleineren Topf geben, mit Salz, Pfeffer, einem ganzen Sternanis und 3 Kardamomkapseln würzen. Die Schalen der Kardamomkapseln vorsichtig an einer Seite einritzen. 450ml Wasser dazugießen. (Faustregel: Gramm Reis zu Milliliter Wasser immer im Verhältnis 1 zu 1,5.)
13. Den Topf mit Deckel auf den Herd stellen und auf höchster Stufe das Wasser zum Kochen bringen. Sobald es einmal voll aufkocht, die Hitze sofort klein einstellen. Wichtig: Den Deckel nicht öffnen, damit die Hitze nicht entweicht und den Topf nicht vom Herd nehmen! Jetzt nur noch 10 Minuten warten und dann ist der Reis fertig. Kardamomkapseln und Sternanis werden dann entfernt.
14. Den Reis auf Tellern verteilen und mit einem Löffel in der Mitte eine Mulde formen. Fleisch und Soße in die Mulden geben.
15. Im Prinzip kann es jetzt bereits serviert werden. Klassisch wird Riz Casimir beispielsweise mit Bananenstücken, Ananas und Cocktailkirschen garniert. Werden Sie ruhig kreativ, wenn Sie eine Garnitur wünschen. Frisches Gemüse, wie es in Thai-Curry verwendet wird eignet sich hervorragend für die perfekte, asiatische Illusion: Zuckererbsenschoten, rote Paprika, Pak Choi, oder auch Cashewnüsse bieten sich geradezu an! Übrige Soße lässt sich auch hervorragend einfrieren. Vielleicht gibt es dazu dann ja beim nächsten mal eine knusprige Ente anstelle der Hähnchenbrust, oder?

En Guete!

«Riz Casimir» - © René Buss
«Riz Casimir» mit knuspriger Ente, Ei, Paprika und Zuckererbsenschoten garniert - © René Buss

 

Extratipp: Als Aperitif bietet sich ein ganz besonderer Schweizer Likör an. Ingwerer vereint nicht ebenso wie Riz Casimir Schweizer Klassiker mit asiatischer Exotik, sondern passt mit seinem fruchtig süßen und scharfen Geschmack dazu. Apfelmost, kombiniert mit scharfem Ingwer und asiatischen Gewürzen!


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