Capuns - Bündnerfleisch im grünen Gewand (mit Rezept)

Veröffentlicht von René

In den kargen Bergen Graubündens war es nicht leicht, genügend Nahrungsvorräte für Herbst und Winter anzulegen.

Die Walliser haben ihr Raclette, die Zürcher ihr Gschnetzlets, die Berner haben ihre Platte, die Basler ihre Mehlsuppe. Die Schweizer Küche - Zürich natürlich ausgenommen - ist von "Armeleuteessen" geprägt. Graubünden ist heute für Luxus und Jetset in St. Moritz und Davos bekannt. Im prätouristischen Zeitalter war Graubünden eine sehr arme Gegend. Der Transport von Lebensmitteln in die abgelegenen Täler wär einfach zu teuer und so musste man selbst für die Nahrung sorgen. So entstanden die abenteuerlichsten Gerichte, wenn in Notzeiten auch noch Gemüse verwendet werden musste, dass eigentlich zur Fütterung der Schweine vorgesehen war: Mangold. Die mickrigen Reste von getrocknetem Fleisch, die längst nicht für den ganzen Haushalt ausreichten, wurden in kleine Stücke gehackt, in einen nahrhaften, aber billigen Teig gemischt und die Mischung in Mangoldblätter eingewickelt, um die kleinen Wickel zu braten.

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Mangold wächst in jedem Gemüsegarten.
Gemüsegärten braucht man, wo Märkte fern sind.

Die reichen Leute hatten ihren feisten Kapaun, einen kastrierten Masthahn, der als Delikatesse galt, die armen Leute in Graubünden nannten ihre Mangoldwickel stolz die «Kapaune des einfachen Mannes» - im Bündner Dialekt kurz: «Capuns». Als «Capun» bezeichnet man in Graubünden übrigens auch - mal mehr, mal weniger scherzhaft - einen kleinen, dicken Jungen. Dieser Ausdruck bezieht sich aber nicht auf den kastrierten Masthahn, sondern auf die sehr nahrhaften, kleinen Mangoldwickel. Sie schmecken so gut, dass man sie noch lange nach dem Einsetzen des Sättigungsgefühls weiteressen mag. Eines Tages hätte dieser maßlose Genuss in Regelmäßigkeit natürlich eine überproportionale Leibesfülle zur Konsequenz.

Das "Armeleuteessen" hat sich heute längst zum Bündner "Nationalgericht" entwickelt. Capuns sind heute ein Festessen, das in jeder Familie als Tradition gefeiert wird. Jeder Haushalt und jedes Restaurant hat sein eigenes Rezept. Man sagt, es gäbe so viele verschiedene Rezepte, wie es Großmütter in Graubünden gibt. Das Prinzip ist jedoch überall gleich: Bündner Wurstspezialitäten werden mit einem Spätzliteig vermischt und in Mangoldblätter gewickelt. Diese werden in einer Soße aus Milch und Wasser gegart und zum Schluss mit Käse bestreut und gratiniert. Die feinen Unterschiede in der Zubereitung und Zugabe von Kräutern und Gewürzen machen Capuns zu einem unglaublich vielseitigem Gericht. Manche verfeinern die Soße mit Safran, garnieren die Capuns mit gebratenen Pilzen, manche geben Minze hinzu, manche verzichten ganz darauf.

In unserem Rezept aus Graubünden ist die Minze als optionaler Bonus zu betrachten. Wer Minze nicht gerne mag, lässt sie einfach weg. Wie groß die Capuns werden, hängt selbstverständlich von der Größe der Mangoldblätter ab. Die Grundregel besagt, dass sie nicht viel größer als ein Handteller sein sollten. So ist es natürlich möglich, dass nach dem Füllen der Blätter noch etwas Füllung übrig bleibt. Für diesen Fall einfach etwas mehr Mangold kaufen. Zu viele Capuns kann man nicht haben. Sie lassen sich nach dem Wickeln ungekocht gut für bis zu drei Monate einfrieren. Einen Vorrat anzulegen, ist in jedem Fall empfehlenswert. Unser Rezept geht von 4 Capuns pro Person aus.


Bündner «Capuns» - Rezept für 4 Personen

 

Zutaten:

16 Mangoldblätter
1 Bündner Salsiz
100g Bündner Rohschinken
8 dünne Scheiben Bündnerfleisch
160g Mehl (z.B. Knöpflimehl)
300ml Milch
1 Ei
kräftigen Bergkäse oder Hobelkäse (z.B. Seiler Grotto, Walker Bergführer 1865)
1 Zwiebel
1 TL Rinderbouillon
Butter
Petersilie
Schnittlauch
Thymian
Minze (optional)


Gewürze:

Salz
Pfeffer
Muskat
Paprika (edelsüß)


Vorbereitung:

  1. Die Mangoldblätter 1 Minute in kochendem Wasser blanchieren und sofort in Eiswasser abschrecken, anschließend auf Küchenpapier auslegen und abtupfen. 200ml vom heißen Wasser aufbewahren und 1 TL Rinderbouillon darin auflösen.
  2. Die Zwiebel, die Salsiz und den Rohschinken fein würfeln. Petersilie, Schnittlauch und Minze fein schneiden.
  3. Die Hälfte der Zwiebelwürfel in Butter anschwitzen und abkühlen lassen.


Füllung:

  1. Mehl mit 100ml Milch und dem Ei zu einem Spätzliteig verrühren bis er Blasen bildet und mit Salz, Pfeffer, Muskat abschmecken.
  2. Die Salsizwürfel, Petersilie, Schnittlauch, Minze und die angeschwitzten Zwiebeln unterrühren.


Capuns füllen:

  1. Die Mangoldblätter mit den Blattrippen nach unten auslegen.
  2. Je 1 großzügigen TL Füllung auf die Blätter verteilen und die Seiten zur Mitte hin einklappen. Dann die Blattspitze darüber einklappen und zum Stielende hin locker einrollen. Den überstehenden Stiel gerade abschneiden.

Soße:

  1. In einer Pfanne die Capuns an je zwei Seiten kurz anbraten und wieder herausnehmen.
  2. Die andere Hälfte der Zwiebeln und die Rohschinkenwürfel in Butter anschwitzen.
  3. Die Bouillon und 200ml Milch dazugeben, kurz aufkochen lassen und mit Salz, Pfeffer, Muskat, etwas Paprika und Thymian abgschmecken.
  4. Auf kleiner Hitze die Capuns hineinlegen und etwa 15 Minuten sieden lassen.

Gratinieren:

  1. Die Capuns entweder zu je 4 Stück portioniert auf Teller verteilen oder in eine Backofenform legen.
  2. Die Soße dazugießen.
  3. Mit fein geriebenem Käse bestreuen.
  4. Die Scheiben vom Bündnerfleisch in ca. 5mm breite Streifen schneiden und auf die Capuns verteilen.
  5. Im vorgeheizten Backofen bei 200°C (Umluft 180°C) 5-10 Minuten gratinieren.
  6. Vor dem Servieren mit Petersilie und Schnittlauch garnieren.
Bun appetit!
© René Buss
© René Buss

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