Knabenschiessen in Zürich – Das größte Volksfest der Stadt

Veröffentlicht von Giulia

Knabenschiessen - © Schützengesellschaft der Stadt Zürich

Das «Knabenschiessen» in Zürich ist noch vor dem «Sechseläuten» das größte Volksfest der Stadt und somit weit über die Grenzen Zürichs hinaus bekannt. Während sich um die 850.000 Besucher auf der großen «Chilbi» tummeln, greifen tausende Jugendliche zum Sturmgewehr. Die jugendlichen Teilnehmer schießen an der Schießanlage Albisgütli auf Zielscheiben, um die begehrte Auszeichnung des Schützenkönigs oder der Schützenkönigin zu erringen. Der Sieger oder die Siegerin erhält nicht nur diesen besonderen Titel, sondern auch ein Preisgeld in Höhe von 5000 Schweizer Franken. Was in anderen Ländern recht befremdlich erscheinen mag, ist in der Schweiz völlig normal und bedarf keiner Diskussion. Zwischenfälle mit Waffen, die dazu Anlass gäben, gab es bislang nicht. Das Knabenschiessen verbindet Tradition, sportlichen Wettkampf und Volksfeststimmung auf einzigartige Weise und begeistert Jahr für Jahr sowohl einheimische als auch auswärtige Besucher. Das dreitägige Knabenschiessen findet traditionell am zweiten Septemberwochenende von Samstag bis am Montag statt. Am letzten Tag des Wettbewerbs gewährt die Stadt Zürich sogar ihren Angestellten den halben Tag frei, damit möglichst viele das Fest besuchen und die Finalrunde erleben können.

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Die Geschichte des Knabenschiessens

Das Knabenschiessen hat eine lange Geschichte, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht. Ursprünglich diente der Wettbewerb als militärische Waffenübung für wehrpflichtige Knaben, die am Ende eines mehrwöchigen Ausbildungskurses stattfand. Bereits damals wurden Preise an die besten Schützen verliehen und die Sieger ausgiebig gefeiert. Schon zu jener Zeit fand das Knabenschiessen traditionell im September statt, allerdings wechselten die Austragungsorte häufig. Erst 1899 bekam das Knabenschiessen seine heutige Form als es nach Zürich ins Albisgütli verlegt wurde. Finanziert und vermarktet wurde das modernisierte Knabenschiessen damals von der Stadt Zürich unter dem Motto «Knabenschiessen – eine lebendige Tradition». Zu dieser Zeit nahmen rund 5000 Knaben im Alter zwischen 13 und 17 Jahren teil.

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Heute wird das Knabenschiessen vollständig ehrenamtlich organisiert, doch die Organisation erfolgt auf hohem professionellem Niveau. Die Finanzierung des Events wird primär durch die Zürcher Kantonalbank sichergestellt, welche das Fest seit vielen Jahren unterstützt. Ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte des Knabenschiessens ereignete sich 1991: Zum 700. Geburtstag der Schweizer Eidgenossenschaft wurden erstmals auch Mädchen offiziell zum Wettkampf zugelassen. Seither treten Jungen und Mädchen gleichberechtigt gegeneinander an und der oder die Beste wird mit dem Titel des Schützenkönigs bzw. der Schützenkönigin ausgezeichnet. Unter den 3187 Teilnehmern im Jahr 2024 gingen 967 Mädchen an den Start, die sich nicht weniger für den Schießsport begeistern, als die Knaben. Besonders die erfolgreichen Schweizer Schützinnen Chiara Leone und Audrey Gogniat lösten an den Olympischen Spielen 2024 in Paris mit ihren Gold- und Bronze-Medaillen eine Welle der Begeisterung für den Schießsport unter Mädchen und Frauen in der Heimat aus.


So läuft das Knabenschiessen ab

Tausende Jugendliche, die gemäß Teilnahmebedingung entweder in Zürich wohnen oder zur Schule gehen, freuen sich jedes Jahr auf das Knabenschiessen. Sie können sich ab Anfang August anmelden oder einfach spontan vor Ort entscheiden, mitzuschießen. Darüber hinaus wird, wie auch zum Sechseläuten, jedes Jahr ein Gastkanton eingeladen, der 30 Jugendliche an den Wettbewerb entsenden darf. Das Startgeld beträgt 15 CHF, was neben der Teilnahme auch die Kosten für die Munition sowie eine Bratwurst abdeckt. Alle Teilnehmer schießen mit Sturmgewehren, die von der Schützengesellschaft der Stadt Zürich gestellt werden. Diese Gewehre entsprechen dem aktuellen Modell der Schweizer Armee, dem Sturmgewehr 90 (SIG 550). Ein wichtiges Detail: jedes Gewehr wird exakt gleich eingestellt, um faire Bedingungen für alle Teilnehmer zu gewährleisten. Geschossen wird unter Aufsicht eines Instruktors neben dem Schützen aus liegender Position, wobei das Gewehr auf einer Zweibeinstütze ruht. Zusätzliche Hilfsmittel wie Schießjacken, Brillen oder Augenklappen sind erlaubt, müssen jedoch selbst mitgebracht werden.

© Schützengesellschaft der Stadt Zürich
© Schützengesellschaft der Stadt Zürich
© Schützengesellschaft der Stadt Zürich
© Schützengesellschaft der Stadt Zürich

Der Wettbewerb ist einfach und transparent gestaltet: Die Jugendlichen zielen auf eine Zielscheibe, die in sechs Ringe unterteilt ist. Die Entfernung zur Scheibe beträgt 300 Meter, was hohe Konzentration und Präzision erfordert. Jeder Teilnehmer hat fünf Schüsse. Jeder Treffer auf der Zielscheibe bringt einen zusätzlichen Punkt und die maximale Punktzahl, die erreicht werden kann, beträgt 35 Punkte (5 x 6 + 5 x 1). Sollte es mehrere Teilnehmer geben, die 34 oder 35 Punkte erzielen, kommt es zu einem sogenannten «Ausstich». Dabei schießen die Finalisten so lange gegeneinander, bis einer mehr Punkte erzielt als die anderen und somit Schützenkönig oder Schützenkönigin wird. Auch ganze Schulklassen treten gemeinsam als Team gegen andere Schulklassen im Klassenwettkampf gegeneinander an.

© Feldschützenverein Rüschlikon

Neben dem Hauptpreis gibt es noch weitere Auszeichnungen, wie beispielsweise für den besten Schützen eines bestimmten Jahrgangs oder den besten Schützen der Zürcher Pfadfinder. Niemand geht leer aus: Pro erzieltem Punkt erhalten alle Teilnehmer einen Schweizer Franken. Für diejenigen, die sich gut auf den Wettkampf vorbereiten wollen, gibt es die Möglichkeit, einige Wochen vor dem Knabenschiessen an Trainingstagen teilzunehmen. Zahlreiche Schützenvereine in Zürich bieten in dieser Zeit spezielle Übungstage an.


Eine «Chilbi» gehört dazu

Neben dem sportlichen Anlass sorgt die «Chilbi» für ausgelassene Volksfeststimmung. Die «größte Budenstadt der Schweiz» bietet eine Vielzahl an spektakulären Fahrgeschäften, Marktständen und kulinarischen Leckereien. Besucher können zwischen traditionellen Schweizer Speisen und internationalen Spezialitäten wählen; von Zuckerwatte und gebrannten Mandeln bis hin zu herzhaften Speisen. Wer sein Glück nach dem Schießwettbewerb weiter herausfordern möchte, kann an einer Tombola teilnehmen, die jedes Jahr attraktive Preise bietet. Als Hauptpreis winkt sogar oftmals ein nagelneuer Kleinwagen.

© Schützengesellschaft der Stadt Zürich

Wer im September in Zürich ist, sollte sich dieses kulturelle Highlight nicht entgehen lassen. Die Art der Anreise sollte allerdings wohlüberlegt sein. Verstopfte Straßen und mangelnde Parkplätze sind bei einem solchen Besucheransturm vorprogrammiert und die Polizei verteilt jedes Jahr hunderte Bußen gegen Falschparker. Die SBB ist natürlich immer eine gute Alternative zum Auto, aber auch eine Wanderung über die grünen Hügel in die schöne Stadt Zürich ist im September äußerst empfehlenswert.


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