Spaghetti «Simplon-Carbonara» - Bella Italia im Wallis (mit Rezept)

Veröffentlicht von René

Cremiger Nebel zieht über den Simplonpass - © René Buss

Schwerfällig und zäh kriecht der Morgennebel den Simplonpass hinauf. Am Abend zieht der Nebel wieder herunter ins Rhônetal. Tausende von Pendlern und Touristen tun es ihm täglich gleich. Italiener aus dem Piemont kommen zur Arbeit ins Wallis, Walliser und Touristen fahren nach Domodossola oder Mailand, um günstig einzukaufen. Seit Jahrhunderten ermöglicht der Simplon einen ganz besonderen kulturellen Austausch zwischen den beiden Alpenländern. Heute leben viele Italiener in Brig, dem Tor zum Simplon: Italienische Küche und Walliser Spezialitäten an jeder Ecke. Nicht selten verschmelzen beide miteinander: «Cordon Bleu mit Tomate und Mozzarella gefüllt» und «Pizza mit Raclette und Walliser Rohschinken» sind nur zwei Beispiele, wie sie auf den Speisekarten der kleinen Stadt zu finden sind. Die angebotenen kulinarischen Kreuzungen sind mitunter recht gewöhnungsbedürftig und nicht immer jedermanns Sache. Der Ausblick auf den Simplon mit seinem faszinierend cremigen Morgennebel inspirierte mich jedoch zu einem waghalsigen Rezept, das die unheimlich guten Walliser Spezialitäten mit der beazaubernden italienischen Kochkunst vereint: «Spaghetti Simplon-Carbonara».

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«Waghalsig» ist das Rezept schon allein, weil die Zutaten für einen Klassiker der italienischen Küche einfach ausgetauscht werden. Wer in Italien mal eine «Pizza mit Ananas» bestellt hat, kennt die entsetzten und beleidigten Gesichter der Italiener - sofern nicht schon längst «bei den Fischen schläft». Dass Sahne nicht in Carbonara gehört, daran halten wir uns natürlich! Sie würde nur die ganzen guten Aromen vernichten. Wer Sahne will, dem empfehlen wir Älplermagronen. So stolz, wie die Italiener auf ihre großartigen Speisen sind, so stolz sind auch die Walliser auf die Qualität ihrer Fleisch- und Käsespezialitäten. Beste Qualität der Zutaten ist auch die wichtigste Voraussetzung für die italienische Küche, also sollten die beiden Kulturkreise auch kulinarisch perfekt zusammen harmonieren. Ein italienischer Saisonnier, der vor 60 Jahren für ein paar Wochen im Jahr im Wallis arbeitete und ein Quartier bezogen hatte, konnte dort sicher nicht seinen geliebten Guanciale und Pecorino einkaufen, wenn ihm der Sinn nach Spaghetti Carbonara stand. Vielleicht hat sich ja auch schon derzeit sogar der ein oder andere Saisonnier an die Verwendung Walliser Zutaten gewagt.


Die wichtigsten Grundzutaten für Carbonara

Guanciale wird in Italien aus der Schweinebacke hergestellt und ist die wichtigste Zutat für originale Carbonara. Wie auch Trockenfleisch, Rohschinken und Trockenspeck im Wallis oder Graubünden wird Guanciale eingesalzen, mit Kräutern gewürzt und für mindestens vier Wochen an der Luft getrocknet. Alternativ gestattet die italienische Sitte auch, den Guanciale durch Pancetta zu ersetzen, der aus dem Schweinebauch gleichermaßen hergestellt wird. Im Gegensatz zum Guanciale hat Pancetta allerdings nur einen Fettanteil von etwa 50% statt 70%. Wird die Carbonara mit getrocknetem Schweinebauch zubereitet, verwendet man einfach etwas mehr davon, als man vom Guanciale verwenden würde, um den Fettanteil auszugleichen. So werden wir es auch tun, denn Walliser Trockenspeck wird wie Pancetta aus dem Schweinebauch hergestellt und nicht geräuchert. Dadurch kommen die feinen Kräuteraromen von Thymian, Rosmarin, Salbei, Majoran und so weiter, sowie die enorm hohe Fleischqualität besonders gut zur Geltung.

Walliser Trockenspeck - © René Buss

Die zweite wichtige Zutat der original italienischen Carbonara ist der Pecorino, ein Hartkäse, der aus Schafsmilch hergestellt wird. Vom italienischen Küchenministerium gestattete Alternative dazu ist der Parmigiano Reggiano, der aus Kuh-Rohmlich hergestellt wird. Der Käse braucht ein sehr salziges, kräftiges Aroma, um mit dem intensiven Kräuterspeck harmonieren zu können. Ein Schweizer Hobelkäse, der ebenfalls aus Kuh-Rohmilch hergestellt wird, ist die ideale Alternative zu italienischen Hartkäsespezialitäten. Wenn Sie im Wallis sind, verwenden Sie am besten Walliser Hobelkäse. Wie Walliser Raclette hergestellt wird, haben wir bereits erzählt. Einige dieser Raclette-Laibe werden nach der drei- bis viermonatigen Reifung im Lager auserlesen, um sie zu Hobelkäse weiterzuverarbeiten. Die Rindenschmiere wird abgewaschen, der Käse mit Öl und essig massiert und in speziellen Regalen vertikal für weitere zehn Monate gereift. So entwickelt er besonders feine, nussig-blumige Aromen und wird hart. Was nur wenige wissen: Einen Hobelkäse kann man nicht nur klassisch gehobelt zum Apéro servieren. Man kann ihn auch wie einen Parmesan gerieben zum Verfeinern von Speisen verwenden.


«Nagulschbalmu» - Ein ganz besonderer Käse für Schatzsucher

Wir sind allerdings auf einen ganz besonderen Käse gestoßen, der ebenfalls bestens für eine Carbonara geeignet ist. Leider ist diese Delikatesse nur an einem ganz bestimmten Ort im Wallis und nur unregelmäßig erhältlich. Hoch oben, auf der Riederalp betreibt Roberta Brigger das Alpmuseum «Nagulschbalmu». Dort lebt sie wie vor hundert Jahren und zeigt den Menschen, wie man damals ohne Strom Butter und Käse hergestellt hat. Frische Rohmilch erwärmt sie im uralten Kupferkessel über dem offenen Feuer und macht daraus einen Käse, wie man ihn in keinem Supermarkt je fände.

Das Alpmuseum Riederalp - © René Buss
Roberta Brigger am Waschbrett - © René Buss
Roberta Brigger beim Käsen - © Aletsch Arena / Raphael Wernli
Hier reift der gute «Nagulschbalmu» Alpkäse - © René Buss

Der Unterschied zwischen großer, moderner Produktion und dieser traditionellen Herstellung, wie sie keine Käserei in großem Stil wirtschaftlich betreiben könnte, ist enorm und deutlich schmeckbar. Roberta Briggers Alpkäse bezaubert mit unheimlich vielfältigen und kräftigen Aromen. Schließt man beim Genuss die Augen, dann sieht man allein durch den Geschmack sofort, wo er herkommt: Eine kleine, alte Hütte, hoch oben in den Bergen auf einer großen, duftenden Wiese zwischen einer Handvoll glücklicher Kühe. Ein Reststück von diesem Käse habe ich extra ein paar Wochen länger, eingewickelt in ein Küchentuch im Kühlschrank gelagert, damit es noch etwas nachreift und härter wird. Als ich Roberta Brigger von meinem Carbonara-Rezept mit ihrem Alpkäse erzählte, wurde sie neugierig und machte große Augen. Liebe Roberta, danke vielmals für meinen Lieblingskäse und hier kommt - wie versprochen - das Carbonara Rezept!


 

«Spaghetti Simplon-Carbonara» - Rezept für 2 Personen


Zutaten:

250g Spaghetti
200-250g Walliser Trockenspeck IGP am Stück
3 Bio-Eier
40-60g Hobelkäse
Salz
Schwarzer Pfeffer
Thymian

Zubereitung:

1. Den Trockenspeck in 5-10mm große Würfel schneiden. Zuvor die Schwarte abschneiden und in 3 oder 4 Teile schneiden. So wellt sie sich beim auslassen nicht zu stark. Jeder Tropfen Fett zählt!
© René Buss
2.
40g Hobelkäse an der Parmesanreibe reiben.
© René Buss
3.
Ein ganzes Ei und 2 Eigelb schaumig verklopfen und mit dem geriebenen Hobelkäse und einer Prise Pfeffer verrühren.

© René Buss
© René Buss

4. In einem großen Kochtopf Wasser für die Spaghetti mit einer Prise Salz aufkochen.
5. Die Trockenspeckwürfel und die Schwartenstücke in einer großen, trockenen Pfanne auf mittlerer Hitze auslassen. Bei zu großer Hitze verbrennen die Kräuter im Speck und werden bitter. Ein sanftes Brutzeln sollte hörbar sein. Wenn der Speck gut gebräunt und der Pfannnenboden knapp mit ausgelassenem Fett bedeckt ist, die Hitze ganz klein stellen und die Schwartenstücke entfernen.
Tipp: Sollte der Speck zu wenig Fett ausgelassen haben, die fehlende Menge mit etwas Olivenöl auffüllen.

© René Buss
© René Buss

6. Die Spaghetti nach vorgegebener Garzeit al dente kochen. Inzwischen kühlt die Pfanne mit dem Speck aus, bis kein Brutzeln mehr zu hören ist. Erst dann können die fertigen Spaghetti direkt aus dem Kochtopf mit einer Nudelzange zum Speck in die Pfanne gegeben werden. Die Spaghetti nicht abtropfen lassen oder gar in ein Sieb gießen!
7. Eine Suppenkelle Nudelwasser in die Pfanne gießen. Die darin enthaltene Stärke der Spaghetti bindet die Soße.
© René Buss
8. Die Spaghetti mit dem Speck und dem ausgelassenen Fett gründlich vermischen.

9. Die Eier-Käse-Mischung über die Nudeln gießen und die Pfanne nochmals kurz auf mittlere Hitze einstellen.
10. Sofort alles zügig verrühren, bis die Soße eine cremige Konsistenz hat und die Hitze ausstellen, bevor das Ei stockt.
© René Buss
11.
Direkt in Pastatellern anrichten, mit etwas Pfeffer und Thymian bestreuen. Nach belieben auch mit etwas frisch geriebenem Hobelkäse.

An güeten appetito!

© René Buss
© René Buss

 


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