Älplermagronen – Ein Import-Export-Schlager (mit Rezept)
Neben dem Käsefondue gibt es kaum ein klassisch, schweizerisches Gericht, das so weit in den Speisekarten der ganzen Schweiz verbreitet ist, wie die Älplermagronen. Auf Festivals bekommt man sie an Imbiss-Ständen und selbst in Österreich und Bayern findet man sie immer häufiger in Skigebieten als „stabile Grundlage“ zum Après-Ski. Sie sind nahrhaft, stärken nach einem körperlich anstrengenden Tag und spenden Kraft für den nächsten und sie sind unheimlich lecker. Das Rezept ist hausmannskosttypisch einfach, der Arbeitsaufwand gering und vor allem kostet es relativ wenig Zeit. Inklusive Vorbereitungszeit hat man binnen einer Stunde ein reichhaltiges Mahl für vier Personen gezaubert.
Magronen?
„Magronen“ ist einfach das Lehnwort der Schweizer für die italienischen „maccheroni“. Aber wie kommt ein kulinarisches Erbe der Italiener in ein klassisches Gericht der Schweizer? Die Erklärung ist simpel: Durch die Italiener. Viele Italiener, vor allem aus dem Piemont, kamen im 19. Jahrhundert in die Schweiz. Die Industrialisierung und der Bau des Eisenbahnnetzes erforderte den Bau von Tunneln wie dem Gotthardtunnel, wofür in der Schweiz schlicht zu wenig Arbeiter vorhanden waren. Im Piemont gab es hingegen viel zu wenig Arbeit für zu viele Arbeiter. Eine Profitsituation für beide Seiten. Für einen Italiener ist es unvorstellbar, in der Fremde auf seine geliebte Kost der Heimat zu verzichten. Nudeln sind leicht zu transportieren, also brachten sie eine Menge davon mit in die Schweiz.
Die Vorzüge der Nudel erkannten die Schweizer sofort. Endlich eine haltbare, nahrhafte Speise, die im Sommer leicht auf die Alp zu transportieren war. Kartoffeln waren zu schwer, mussten zum Teil oben, auf der Alp angebaut werden und wurden dort entsprechend nicht besonders groß. Milch und Käse waren logischerweise, dank der Kühe, oben reichlich vorhanden, aber auf Dauer recht einseitig. Die Nachfrage der Schweizer nach dem italienischen „Convenience-Food“ stieg rasant. Die hungrigen, italienischen Arbeiter waren natürlich nicht in der Lage, die Nachfrage zu befriedigen. Die Schweizer mussten also selbst die hohe Kunst der Pasta erlernen. Eier waren schließlich genügend vorhanden, aber Mehl war teuer und wurde größtenteils zu Brot verarbeitet. Nudeln waren entsprechend auch ein teures Gut.
Für eine handvoll Nüdeli
Die Älpler in der Region Uri bezahlten hohe Preise für ein paar Nudeln, doch dank ihres Talents, aus Notsituationen das Beste zu machen, hatten sie eine geniale Lösung. "Die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln", aber die klugen Älpler hatten eben nur kleine. Um die Nudelmahlzeit auf eine ausreichende Menge zu bringen, nahmen sie auch noch ihre mickrigen Kartoffeln hinzu. Beides kochten sie in einem Topf über dem Feuer gar, gaben Milch und Käse hinzu für eine leckere Soße und fertig war ihre himmlische Kraftspeise. Das Geheimnis des Rezepts ist die Stärke der Kartoffeln und der Nudeln. Sie ermöglicht, dass die Soße gut bindet und an den Nudeln haftet. Erst gegen Anfang des 20. Jahrhunderts stieg die Verfügbarkeit der begehrten Teigwaren auf ein Niveau, das die Verbreitung der Älplermagronen über die Grenzen der Region hinaus ermöglichte. Da die Zutaten wie regionale Käsespezialitäten variierten, entstanden in jeder Region neue Rezepte. Zwiebeln und Speck, Knoblauch und Gemüsebouillon kamen hinzu, die einen verwendeten reifen Hobelkäse, die anderen einen mittelreifen Alpkäse, anderswo wurde ein junger Raclette oder Vacherin verwendet.
Eine Nudel geht um die Welt
Der Triumphzug der Älplermagronen war unaufhaltbar. Nach dem Import der Makkaroni verselbstständigte sich nun der Export der Älplermagronen. Binnen weniger Jahrzehnte waren sie nicht nur in den Nachbarländern der Schweiz bekannt. Die britischen Touristen waren so begeistert von dem Gericht, dass sie es in der Heimat versuchten nachzukochen. Diese britische Variante der Älplermagronen ist heute sogar in den USA als „mac and cheese“ bekannt, unterscheidet sich jedoch deutlich im Rezept und im Geschmack vom Original. Cheddar ist halt kein Schweizer Käse.
Die Art der Zubereitung ist natürlich von Kanton zu Kanton unterschiedlich und jeder kocht sein eigenes Süppli. Unser Rezept ist ein ebenso klassisches, wie einfaches Rezept. Probieren sie ruhig verschiedene Käsesorten aus. Wir verwenden einen Alpkäse aus Rohmilch, der vergleichbar mit einem Appenzeller oder einem reifen Rohmilch-Raclette ist. Grundsätzlich könnten die Älplermagronen aus dem Kochtopf direkt serviert werden. Viel besser werden sie allerdings, wenn man sie anschließend im Ofen mit einer Extraportion Käse gratiniert!
"Älplermagronen" - Rezept (für 4 Personen)
Zutaten:
200g würzigen Käse (z.B. Appenzeller)
400g festkochende Kartoffeln
200g Älplermagronen
2 mittelgroße Zwiebeln
2 große Knoblauchzehen
125g Speckwürfeli
300ml Sahne oder Milch
1 EL Gemüsebouillon
1l Wasser
1 EL Butter
Gewürze:
Salz
Pfeffer
Muskat
Thymian
Paprika (edelsüß)
Zubereitung:
- Knoblauch fein hacken.
- Wasser mit Bouillon und Knoblauch in einem mittelgroßen Kochtopf aufkochen.
- Inzwischen die Zwiebeln in Würfel schneiden, Kartoffeln schälen und in ca. 1,5cm große Würfel schneiden und den Käse reiben.
- Kartoffeln 10min in der Bouillon kochen, Älplermagronen nach 5min, bzw. je nach angegebener Garzeit, dazugeben.
- Inzwischen in einer Pfanne die Zwiebeln und Speckwürfeli in Butter andünsten.
- Die Bouillon abgießen, aber etwa 100-200ml davon im Topf behalten.
- Die Hitze etwas reduzieren, Sahne und etwa zwei Drittel der Zwiebeln und Speckwürfeli hinzugeben und unter ständigem Rühren aufkochen, damit die Sahne nicht anbrennt.
- Der Rest der Zwiebeln und Speckwürfeli darf inzwischen noch als Garnitur fertig karamellisieren.
- Sobald die Sahne aufgekocht ist, die Hitze klein einstellen und 70-100g vom geriebenen Käse portionsweise einrühren.
- Soße mit den Gewürzen abschmecken. (Vorsicht: Die Gefahr, bereits jetzt alles versehentlich aufzuessen ist groß!)
- Zur Krönung jetzt alles in eine Gratinform oder Ofengeeignete Suppenteller geben, mit dem Rest Käse bestreuen, nochmals würzen und mit den restlichen Zwiebeln und Speckwürfeli garnieren.
- Im Ofen bei 200°C (180°C Umluft) für etwa 10min überbacken und servieren.
Eine klassische Beilage ist Apfelkompott oder in einer Pfanne karamellisierte Apfelschnitze.
En Guete!