Einfach, bodenständig, paradiesisch - Appenzeller Käse-Gerichte (mit 2 Rezepten)

Veröffentlicht von René

Chääsmagerone und Chäässchoope - © René Buss

Unter all den schönen Regionen der Schweiz ist das Appenzellerland mit Sicherheit die eigenartigste und faszinierendste. Brauchtum, Tradition, Glaube und die Natur bestimmen noch heute den Lebensalltag der Menschen, wie schon seit Jahrhunderten. Veränderungen akzeptieren die Appenzeller nur dann, wenn sie ihnen von größerem Nutzen sind. Das Appenzell wirkt fast wie eine paradiesische Parallelwelt, eingeschlossen mitten im fortschrittlichen Kanton St. Gallen. Wozu auch ein System verändern, das seit vielen Generationen erfolgreich der Moderne trotzt? So bodenständig und geheimnisvoll wie Land und Leute, sind auch die regionalen Spezialitäten. Obendrein sind sie auch noch so einfach, dass es hier genug Platz für gleich zwei paradiesische Rezepte aus dem Appenzell hat: «Chääsmagerone» und «Chäässchoope»! Zwei Rezepte für maximalen Genuss bei minimalem Aufwand von Arbeit und Zeit.

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Einfach leben im Paradies

Die paradiesische Landschaft im und um den Alpstein im Appenzellerland bietet mit ihren grünen Hügeln ideale Voraussetzungen für die Milchwirtschaft. Aus der Luft betrachtet erkennt man gleich die willkürlich verstreuten Bauernhöfe, die mit ihren bunt bemalten Fassaden dem Land sein einzigartiges Gesicht geben. Seit Jahrhunderten werden im Appenzell Kühe gehalten und Käse produziert. Das Leben der Bauern und Sennen ist seither einfach, aber genau damit sind sie unbeschreiblich glücklich. In ihrer Gemeinschaft sind sie unschlagbar, denn Gesellschaft hat beim manchmal recht einsamen Leben in den abgeschiedenen Hügeln einen enorm hohen Stellenwert. Man trifft sich gerne in einem Gasthaus auf ein Appenzeller Bier oder zehn - im Winter darf es auch gerne Kafi Fertig sein - man diskutiert über das Wetter, das Vieh, tanzt mal fröhlich zu handgemachter Musik oder stimmt gemeinsam ein melancholisches «Zäuerli» oder «Rugguseli» an, den typischen, improvisierten und wortlosen Appenzeller Naturjodel, der unweigerlich Gänsehaut verursacht. Festanlässe wie Alpabzüge, Weihnachten oder das Silvesterchlausen werden mit besonderer Hingabe zelebriert. Auch wenn der Blick des Appenzellers typischerweise ernst, wachsam und oft auch skeptisch ist, so spielt der Humor im Appenzell eine besonders große Rolle. Das Erzählen von Witzen und scharfsinnige Neckereien sind fast schon eine Art Volkssport. Humor und Melancholie gehören zum Leben wie das Ying und das Yang. Sie sind unvermeidlich.

Appenzeller Streusiedlung - © swisstopo
Paradies am Säntis - © René Buss
Appenzell - © René Buss

 
Räss - der Ur-Appenzeller

Albert Räss ist inzwischen wohl der berühmteste Appenzeller. Seit 1952 bewirtet er mit seiner Familie die Furggenalp. Mehrere TV-Interviews und Dokumentationen mit dem kauzigen Urgestein aus dem Alpstein gingen in den sozialen Medien viral. Kaum jemand versteht heute noch seinen starken Innerrhodner Dialekt. «Wenn selbst Schweizer nicht mehr Schweizer verstehen» waren die Videos oftmals betitelt, doch als belächelnd sind diese Titel eher nicht zu verstehen. Räss wird vielmehr für seine Bescheidenheit und Bodenständigkeit bewundert. Auch dafür, dass er noch im hohen Alter auf der Alp arbeitet und jeden Abend den Alpsegen ruft. In einem der bekannten Videos erzählt er 2014 im Alter von 77 Jahren vom Leben auf der Alp in den 1950er Jahren und mit weit strahlendem Lächeln von seinem Lieblingsessen, dem schönsten Lohn für seine schwere Arbeit:


«Chääsmagerone säpphanijodussigsappermilzgli! Mit rässe chääs dinne und e chli Hedepfeli dahütdinisäppischdennschoherrgottsguet!»
- Albert Räss

Was das heißt? Nun ja, in etwa so viel wie: «Käsemakkaroni... mit sehr würzigem Käse drin und ein paar Kartoffeln... Das ist schon herrgottsgut!» Im Prinzip sind also Älplermagronen gemeint, wobei allerdings der verwendete Käse den entscheidenden Unterschied macht. Die vollständige Dokumentation ist in der Appenzeller Schaukäserei zu sehen. Darin berichtet Albert Räss auch, was es mit «Räss-Käse» auf sich hat. (Die Namensverwandschaft zwischen Albert und dem Käse ist übrigens rein zufälliger Natur!)

Appenzeller Schaukäserei in Stein AR - © René Buss
Das alte allemannische Wort «räss» bedeutet so viel wie «scharf, würzig». Grundsätzlich kann jeder besonders würzige Käse als «räss» beschrieben werden. Der «Räss-Käse» wiederum ist eine uralte regionale Spezialität aus dem Appenzell und dem benachbarten Vorarlberg in Österreich, wo Käsespätzle traditionell mit Räss-Käse zubereitet werden. Im Gegensatz zum heute bekannten Appenzeller Käse wurde er damals im Winter auf den Bauernhöfen und Dorfkäsereien hergestellt. Kühe, die im Winter mit Heu gefüttert werden, geben eine besonders geschmacksintensive Milch. Butter daraus herzustellen, war jedoch deutlich lukrativer als aufwendiger Käse. Die beim Buttern anfallende entrahmte Milch haben die pfiffigen Appenzeller aufgefangen und daraus einen fettarmen Käse produziert, der folglich enorm trocken, intensiv und würzig schmeckte. Im Prinzip ist «Räss-Käse» als Ur-Appenzeller zu betrachten. Der heutige Appenzeller Käse wird hingegen aus Vollmilch hergestellt und ist als Vollfettkäse deutlich weicher und milder als der «rässe» Viertelfettkäse. Beide eignen sich jedenfalls vorzüglich zum Verfeinern großartiger Speisen.

Appenzeller Räss-Käse - © appenzeller.ch 
Einfach zum Verlieben: Appenzeller Käse Rezepte

«Chääsmagerone», die den sympatischen Albert Räss erstrahlen und so vergnügt kichern lassen, gibt es in zahlreichen Varianten. Manche werden wie Älplermagronen mit Kartoffeln, Rahm und Zwiebeln zubereitet, nur dass Appenzeller Räss-Käse darin verwendet wird, der außerhalb des Kantons in der Regel nicht erhältlich ist. Diese Variante wird der gute Albert wohl auch meinen. Eine weitere Variante ist jedoch viel einfacher, schneller und verblüffend gut. Eine Philosophie der chinesischen Küchen preist «acht edle Zutaten» als Symbol für Wohlstand und Glückseligkeit an; unsere «Chääsmagerone» aus dem Appenzell ohne Rahm benötigen dazu sogar nur vier Zutaten!

In unserem zweiten Rezept aus dem Appenzell brauchen wir zwar gemäß chinesischer Philosophie die «acht edlen Zutaten», aber der Zeitaufwand ist kaum größer. «Chäässchope» (hochdt.: «Käsemantel») zaubern genauso ein Lächeln ins Gesicht: Brotwürfel in einem Mantel aus Käse! Im Prinzip haben sie eine gewisse Verwandtschaft mit der Militär-Käseschnitte. Bei der Zubereitung wird allerdings so manches nach Appenzeller Art vereinfacht. Dazu wird auch gelegentlich eine Appenzeller Siedwurst gereicht. Sie ist übrigens eine nahe Verwandte der Münchner Weißwurst, die ebenfalls aus Kalbsfleisch hergestellt wird.


«Appenzeller Chääsmagerone» - Rezept

Zutaten pro Portion:

125g Makkaroni
mindestens 100g Appenzeller Käse (zu viel gibt es nicht!)
Schwarzer Pfeffer
Raclette-Gewürzmischung

Zubereitung:

1. Die Makkaroni in leicht gesalzenem Wasser al dente kochen.
2. Inzwischen den Käse raffeln.
3. Die Makkaroni in eine Gratinform füllen, mit der Hälfte des Käses vermischen und mit der anderen Hälfte bestreuen.
4. Im vorgeheizten Ofen ca. 10-15min bei 200°C überbacken.
5. Mit frisch gemahlenem schwarzen Pfeffer und Raclette-Gewürzmischung würzen.

En Guete!
Chääsmagerone - © René Buss


«Appenzeller Chäässchoope» - Rezept

Zutaten pro Portion:

Eine dicke Scheibe dunkles Bauernbrot (1-2 Tage alt und trocken)
100g Appenzeller Käse
50ml Rahm
50g Butter
1/2 Bund Schnittlauch
Salz
Pfeffer
Muskat

Zubereitung:

1. Das Brot in Würfel schneiden.
2. Die Butter in einer großen Pfanne zerlassen und die Brotwürfel darin knusprig braten.
3. Inzwischen den Käse raffeln, mit der Sahne verrühren und mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen.
4. Käsemasse über die knusprigen Brotwürfel gießen und die Pfanne schwenken bis alle Brotwürfel ihren «Chäässchoope» haben.
5. Mit fein geschnittenem Schnittlauch bestreuen und servieren.

En guete!
Chäässchoope mit Siedwurst - © René Buss


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