Zecken, Wölfe und Schlangen im Paradies - Welche Gefahren lauern beim Wandern?

Veröffentlicht von René

Gänsegeier kreisen über der Massaschlucht im Wallis - © René BussSelbst im Paradies der Bibel gibt es eine Schlange. Als Symbol für das Böse, Gefahr und Versuchung verleitet sie Adam und Eva, den Verbotenen Apfel vom Baum der Erkenntnis zu essen. Weil sie der Versuchung nicht widerstehen, werden Adam und Eva zur Strafe für ihren Sündenfall aus dem Paradies vertrieben. Und wie schon im biblischen Paradies, so gibt es auch in der paradiesischen Natur der Schweiz so manche Gefahr, die arglose Wanderer überrascht. Im Jahr 2024 mussten ganze 3570 Wanderer aus den Schweizer Bergen gerettet werden. Über 300 davon waren schwer verletzt und rund 50 Unfälle endeten tödlich. Welche tückischen Gefahren lauern in der Idylle? Wie kann man sich davor schützen und unnötige Notsituationen vermeiden?


Da wir gerade über Schlangen sprechen:

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Ganze acht Schlangenarten sind in der Schweiz heimisch. Zum Vergleich: Im fast neunmal so großen Deutschland sind es nur sieben Arten. Zwei der acht Schlangenarten, die Kreuzotter und die Aspisviper, sind sogar giftig. Übelkeit, Erbrechen, Herzrasen und Lähmungen sind die Bissfolgen. Immerhin kommen sie nur im Wallis, im Tessin, in Graubünden und im Jura vor. Gelegentlich werden auch Menschen gebissen, aber dank der erstklassigen medizinischen Versorgung in der Schweiz, können Schlangenbisse rasch und folgenlos behandelt werden. Grundsätzlich sind die Schlangen derart menschenscheu und gut getarnt, dass man ihnen äußerst selten begegnet. Wasserschlangen wie die Ringelnatter, welche man mit etwas Glück an heißen Tagen beim Schwimmen in der Aare beobachten kann, sind nicht weniger scheu vor Menschen und zudem noch völlig ungefährlich.

Harmlose Ringelnatter beim «Aareschwumm»
Giftige Aspisviper - © Felix Reimann / CC BY-SA 3.0


Wenn der böse Wolf kommt...

Raubtiere wie Wölfe oder Bären gelten noch immer als boshafte Kreaturen, welche die Wälder durchstreifen und den Menschen auflauern. Die größten Beutegreifer der Schweiz haben es tatsächlich eher auf Hirsche, Gämsen und Nutztiere abgesehen, welche dank Weidezäunen nicht fliehen können. Begegnungen mit den Menschen meiden sie in der Regel. Sollte es doch mal dazu kommen, suchen sie in der Regel schnell das Weite. Sollte der äußerst unwahrscheinliche Fall eintreten, dass sie auch dieses nicht tun, kann man ihnen auf die Sprünge helfen, indem man sich möglichst groß und lautstark auf sich aufmerksam macht.

Etwas kleinere Beutegreifer in der Schweiz, die häufig als potenzielle Gefahr dargestellt werden, sind der Luchs und der Fuchs. Luchse bekommt man meist gar nicht erst zu sehen. Füchse kann man bestenfalls bei der Jagd auf Mäuse oder Murmeltiere beobachten, wenn man sehr früh aufsteht, sehr spät noch wach und natürlich mucksmäuschenstill ist. Aggressive Füchse sind äußerst selten und die Tollwut ist in der Schweiz zum Glück ausgerottet. Wildes Obst wie Erdbeeren, Heidelbeeren oder Himbeeren sollte man vor dem Verzehr natürlich gründlich waschen, denn der Fuchsbandwurm kommt gelegentlich noch vor.

Wolf
Braunbär im Juni 2019 bei der Riederalp VS
Luchs
Fuchs


Je kleiner das Tier, desto größer die Gefahr?

Apropos Murmeltiere: So herzig die kleinen, scheuen Murmeli auch sein mögen, so sorgen sie jedoch immer wieder - wenn auch unbeabsichtigt - für so manchen verstauchten Knöchel. Vor allem in Alpregionen untertunneln sie ganze Landstriche mit ihren Höhlensystemen und zahlreichen Eingängen, in welche sie sich bei drohender Gefahr wie Greifvögeln oder Menschen verkriechen können. Nicht selten brechen Wanderer und auch Kühe in Tunnel, die knapp unter der Oberfläche liegen ein oder treten geradewegs in einen gut getarnten Höhleneingang.

Fünf Skorpionarten sind in der Schweiz heimisch. Auch sie verkriechen sich am liebsten in Felsspalten und im dichten Dickicht, wo sie unbemerkt bleiben. Im Gegensatz zu den putzigen Murmeltieren sind sie allesamt nachtaktiv. Alle Skorpione der Schweiz sind für Menschen ungefährlich. Ihr Stich wäre schlimmstenfalls mit einem Wespenstich vergleichbar.

Etwas kleiner als ein Skorpion, aber wesentlich häufiger anzutreffen, ist die Hornisse. Auch sie hat in der Regel kein interesse an Menschen - an Ihrem Bier auf der Terrasse schon eher. Wenn sie kommt, gewähren Sie ihr einen Schluck und dann beobachten Sie einfach, wie sie samt Schaumkrone in Schlangenlinien wieder davonfliegt, um ihren Kater auszukurieren. Schlagen oder blasen Sie aber niemals danach! Das macht sie erst richtig wild.

Murmeli im Wallis - © René Buss
«euscorpius italicus» - © Felix Reimann / CC BY-SA 3.0
Hornisse im Bier an der Aare - © René Buss


Mücken, Zecken, Tropenkrankheiten

Gewöhnliche Stechmücken sind natürlich eher lästige Plagegeister als eine echte Gefahr. Etwas anders sieht die Sache schon bei der Asiatischen Tigermücke aus, die sich inzwischen über den Mittelmeerraum bis über die gesamte Schweiz nach Süddeutschland angesiedelt hat. Sie ist etwas kleiner als die gewöhnliche Stechmücke, dafür kann ihr Stich deutlich unangenehmere Auswirkungen haben. Im Sommer 2025 wurden erstmals Tropenkrankheiten wie das Dengue- oder Chikungunyafieber bei Menschen nachgewiesen, die nachweislich nicht im Ausland unterwegs waren. In Italien gab es Ende Juli 2025 bereits fünf Todesfälle und sogar im französischen Elsass konnte eine Infektion nachgewiesen werden. Die gute Nachricht: Im Tessin, wo die Tigermücke besonders zahlreich angesiedelt ist, haben Forscher bereits durch das Aussetzen sterilisierter Männchen die Population deutlich reduzieren können. In Morcote ging sie sogar um über 90% zurück.

Das gefährlichste Tier der Schweiz für den Menschen bleibt die Zecke. Sie ist am stärksten verbreitet, überträgt gefährliche Krankheiten wie Borreliose und FSME und lauert dem gemeinen Wanderer in seinem natürlichen Habitat bevorzugt auf: in Wäldern und Wiesen. Im Jahr 2023 wurden laut BAG in der Schweiz 7.664 Fälle von Borreliose und 245 von FSME gemeldet. Bei Temperaturen zwischen 5°C und 30°C wird sie aktiv, also bei bestem Wanderwetter. Erst Temperaturen unter -20°C und über 60°C können ihrem Unwesen ein Ende bereiten. Wer zeckenfrei wandern möchte, der muss schon auf über 2000m Höhe wandern.

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Gegen Mücken und Zecken
kann man sich glücklicherweise recht gut schützen. Beide brauchen bestimmte Gerüche, um so richig Appetit zu bekommen. Schweißgeruch, Atemluft und Parfum signalisieren ihnen am deutlichsten, wo sich die schnelle Mahlzeit auf zwei Beinen befindet. Was ihnen ordentlich den Appetit verdirbt, sind ätherische Öle, beispielsweise vom Lavendel, Zitrusfrüchten oder der Minze. Daher ist es zunächst sehr empfehlenswert, bei Ausflügen in der Natur auf Parfum oder parfumhaltiges Deo zu verzichten. 100% natürliche Deos, die Schweißgeruch verhindern und gleichzeitig nach Lavendel, Bergamotte oder Minze duften und somit die kleinen Plagegeister fernhalten, stellt «Puralpina» im Berner Oberland her. Auch im gut sortierten Souvenirshop und in Apotheken sollten diese vor Ort erhältlich sein. Wer trotzdem noch enorm anziehend und appetitlich auf Mücken und Zecken wirkt, der findet auch die richtigen Abwehrmittel mit stärkeren, gezielten Wirkstoffen. Schon in den 1940er-Jahren erfand «kik» das erste Insektenschutzmittel für den Privatgebrauch in der Schweiz. «Tropical Insektenschutz» wirkt sogar mit Deet gegen die Asiatische Tigermücke. Sollte man bereits gestochen worden sein, so lindert Thymianöl schnell den Juckreiz, oder ein kühlender Roll-on-Stick. Eine Zeckenzange gehört eigentlich in jeden Wanderrucksack.

Asiatische Tigermücke
Zecke


Das größte Tier der Schweiz

Sie ist zwar kein wildes Tier und hat als Nutztier nur einen sehr eingeschränkten Bewegungsraum, doch steht sie von allen Tieren am häufigsten im Wege: die Kuh. Es scheint beinahe eine ungeschriebene Regel zu sein, dass Wanderwege unbedingt durch Kuhweiden verlaufen müssen. Im Gegensatz zu Wolf, Bär und Co sind sie zwar Vegetarier, aber auch sehr neugierig und an Menschen gewöhnt. Dennoch haben sie häufig Vertrauensprobleme bei ihnen fremden Menschen. Jede Kuh hat ihren eigenen Charakter und nicht alle lassen sich einfach zur Seite schieben. Besonders Mutterkühe, die ihr Kalb in der Nähe haben, neigen sehr schnell dazu, Eindringlinge von ihrer Weide zu verjagen. Sie senkt den Kopf, scharrt mit der Hufe am Boden, schnaubt kräftig und stürmt urplötzlich mit ihren 700kg Kampfgewicht auf den Wanderer zu. Jedes Jahr werden einige Wanderer dabei zum Teil schwer verletzt, dabei lässt sich dieser Konflikt recht leicht vermeiden.

Verantwortungsbewusste Bauern kennzeichnen ihre Weidezäune mit Warnhinweisen auf anwesende Mutterkühe und Kälber. Sollten keine Warnhinweise vorhanden sein, halten Sie in jedem Fall selbst danach Ausschau, bevor Sie die Weide betreten. Erspähen Sie ein Kalb, nehmen Sie lieber einen Umweg um die Weide herum in Kauf. Wenn kein Kalb zu sehen ist, halten Sie trotzdem genügend Abstand, idealerweise mindestens 20m, und verhalten Sie sich ganz normal und nicht hektisch. Eine Kuh die sich erschreckt, versucht grundsätzlich zu fliehen. Ist der Unruhestifter ihr bereits zu nahe, kann es sein, dass sie sich und ihre Herde verteidigt.

Sollte eine Kuh tatsächlich Drohgebärden zeigen, machen Sie sich groß und forden diese lautstarkt auf, sich zurückzuziehen. Greift sie trotzdem an, versuchen Sie, mit einem gezielten Wanderstockhieb auf die Nase der Kuh, die Situation zu beruhigen. Also bitte keine falsche Eitelkeit, wenn man sich vor Beginn des Ausfluges fragt, ob man überhaupt einen Wanderstock benötigt. Spätestens jetzt wird er nützen.

Die Herde beobachten und Abstand halten! - © René BussDas größte Rindvieh der Alpen: der übermütige Wanderer

All diese potenziell gefährlichen Lebewesen werden das Wandererlebnis kaum beeinträchtigen, wenn man ihre Eigenschaften bedenkt und sich entsprechend vorbereitet, informiert, ausrüstet und sich richtig verhält. Die allergrößte Gefahr in der Natur ist der Wanderer selbst, der sich leichtsinnig seinem Übermut ergibt und voller Selbstüberschätzung, Euphorie und Eitelkeit losmarschiert. Selbst unbeeinflussbare Naturgefahren wie Steinschlag oder das Wetter können nicht gefährlich werden, wenn man entsprechende Vorsichtsmaßnahmen trifft.

  • «Hier können wir schön flach durch den Wald abkürzen!»
    Verlassen Sie niemals die ausgewiesenen Wanderwege. Wildtiere meiden Menschen, also sollte man ihnen umgekehrt auch respektvoll ihren Lebensraum gewähren. Außerdem können Sie nie wissen, welche Gefahren wie Steinschläge oder instabile Hänge sich dort verbergen.

  • «Von dort unten aus können wir den Gletscher noch besser fotografieren! Als ob uns genau dann dort ein Stein auf den Kopf fällt!»
    Beachten Sie aktuelle Wanderkarten der Tourismusorganisationen, die über gesperrte Wege und über Schwierigkeitsgrade informieren. Bedenken Sie bei der Routenplanung, dass Höhenmeter deutlich schwerer ins Gewicht fallen als die Distanz.

  • «Der Himmel ist blau. Ich glaube nicht, dass es heute gewittert. Wir können ruhig hoch, zum Gipfel!»
    Trauen Sie dem lokalen Wetterdienst. Wenn ein Gewitter angesagt ist, aber keine Wolken in Sicht sind - schon hinter dem Berg, an welchem Sie gerade noch friedlich wandern, könnte die Wolke lauern und schon in wenigen Minuten könnten direkt neben Ihnen die Blitze in die Bergflanke krachen. Selbst wenn der Wetterdienst schönes Wetter vorhersagt, beobachten sie aufmerksam den Himmel und passen Sie Ihre Route immer den Wetterbedingungen an.

  • «Für die drei Tage kauf ich mir doch keine Wanderschuhe! Ich bin jung und sportlich und brauche auch keinen Stock!»
    Wer beim Kofferpacken schon aus Eitelkeit oder Sparsamkeit auf wichtige Ausrüstung wie Wanderschuhe und Stock verzichtet, riskiert nicht nur, in schwierigem Gelände den Halt zu verlieren, sondern auch Ermüdung der Beinmuskulatur durch dauerhafte Fehlbelastung. Selbst kleine Unachtsamkeiten wie das Stolpern über eine kleine Wurzel, können die Wanderung schon vorzeitig beenden.

Kein Wanderer, der unterwegs in eine Notsituation geriet und Hilfe benötigte, ging los mit dem Vorsatz, ein großes Risiko einzugehen. Es sind Selbstüberschätzung, Fehleinschätzung und der Ehrgeiz, die geplante Tour unbedingt durchzuziehen, die Wanderer in solche Situationen führen. Wenn man sich von dieser «Schlange im Paradies» verführen lässt, wird man nicht wie Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben; es sind eher die Hubschrauber der Rega, Air Zermatt oder Air Glaciers, die einen daraus abholen. Wer denkt, die 3.000 bis 10.000 Franken Einsatzkosten übernimmt eine Versicherung vollständig, der wandert auf dem Holzweg. Davon abgesehen: auch die Rettungskräfte und Piloten begeben sich selbst bei Einsätzen in schwierigem Gelände und bei schlechtem Wetter in Lebensgefahr. Ist das eine Wanderung wert?

Angst braucht man vor all den hier aufgezählten möglichen Gefahren wirklich nicht zu haben. Mit dem nötigen Respekt vor der Natur und ihren Eigenarten lässt sich so ein Wanderurlaub sogar noch viel besser, unbeschwerter und spannender gestalten. Ist der geplante Weg plötzlich gesperrt, zwingt mich ein Gewitter, einen anderen einzuschlagen oder versperrt eine widerspenstige Mutterkuh den Weg, dann nehme ich einfach einen anderen Weg.

Besonders bei Nebel und nassem Gelände ist Vorsicht geboten. - © René Buss


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